Die zeitweilig lachenden Dritten

betr.: 82. Jahrestag vom Ende des 1. deutschen Demokratieversuchs

Im Filmklassiker „Casablanca“ entlockt Claude Rains dem wachhabenden Bösewicht Conrad Veidt die säuerliche Äußerung: „Sie betonen immer das ‚Dritte‘ Reich, so als ob sie noch andere erwarten!“
So war der Ausdruck einleuchtenderweise nicht gemeint.

Das „Dritte Reich“ stellte sich in die Tradition des sog. „Ersten Reiches“, das aus Sicht der Nationalsozialisten mit der inneren Einigung begann, die Heinrich I. („der Vogler“), Herzog von Sachsen, 919 im Ausgleich mit Bayern und Schwaben erreichte. (Richard Wagner hat ihm in „Lohengrin“ ein Denkmal gesetzt.) Er sicherte sein Ostfrankenreich gegen das Westfränkische Reich – zu einer Zeit, da es durch ständige Einfälle vor allem aus Ungarn bedroht war. 962* mündeten diese Bemühungen in das „Heilige Römische Reich“, das im späten 15. Jahrhundert den Zusatz „Deutscher Nation“ erhielt. Es bestand bis 1806, als Napoleon Bonaparte nach der siegreichen Schlacht bei Jena und Auerstedt an der Spitze seiner Truppen in Berlin einzog; es dürfte also die unselige Idee vom hier nur knapp verfehlten „Tausendjährigen Reich“ angeregt haben.
Das Deutsche Reich der Hohenzollern von 1871 bis zur Niederlage im Ersten Weltkrieg war demnach das zweite in dieser Zählung.

Über das Dritte im Bunde ist in den letzten 25 Jahren einiger Unsinn über ein führendes öffentlich-rechtliches Medium verbreitet worden. Dessen mittlerweile pensionierter Chefradakteur für Volksaufklärung und Propaganda produzierte eine Unmenge Filme darüber, die er in alle Welt verkaufte und die auch von Rechtsradikalen sehr geschätzt werden, wie der SPIEGEL herausfand. Besagter Filmemacher popularisierte den Begriff „Machterschleichung“; das bisher in diesem Zusammengang gern gebrauchte Wort „Machtergreifung“ ist aus dem öffentlichen Wortschatz seither weitgehend verschwunden. Damit soll wohl die Seele jener getröstet werden, die das Eine nicht wahrhaben wollen: die Deutschen haben ihren Führer demokratisch gewählt – sonst hätte er schleichen können, soviel er wollte, er wäre nicht Reichskanzler geworden.

Es liegt an uns selbst, ob es noch ein Viertes Reich geben wird oder nicht.

 

* Der exakte Jahrestag ist übrigens übermorgen.

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Eine Antwort zu Die zeitweilig lachenden Dritten

  1. DMJ sagt:

    Spott auf Kosten des Knoppmannes immer gern, aber ist „Machterschleichung“ wirklich so weitläufig etabliert? Vielleicht liegt es an meinem Hinterwäldlertum, aber zumindest für mich ist die treffendere Bezeichnung Ergreifung noch die Norm.

    Die neu aufkommende Entlastung der Deutschen sehe ich eher im zunehmenden Gerade von der Befreiung vom Faschismus, als wäre der eine äußere Kraft und nicht das Projekt eben des hier angeblich befreiten Volkes gewesen.

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