Die schönsten Filme, die ich kenne (32): „Ein Mann geht durch die Wand“

Im Jahre 1959 brachte ein Filmprojekt Heinz Rühmann mit Kollegen zusammen, die er schon von „Es geschah am hellichten Tag“ kannte: den Regisseur Ladislao Vajda und die kleine Schauspielerin Anita von Ow. Der Film hieß „Ein Mann geht durch die Wand“, und er ist auf seinem Terrain – Komödie mit fantastischem Einschlag – etwa so gelungen wie der vorangegangene Psychothriller auf dem seinigen. Heinz Rühmann hat im Laufe der Geschichte einen seiner berühmten moralinsauren Gefühlsausbrüche, aber der ist schnell vorbei und außerdem der einzige Fehler, den sich „Ein Mann geht durch die Wand“ zuschulden kommen lässt. Der Film basiert auf der Novelle „Le passe-muraille“ und wurde unter diesem Titel in den 30er Jahren bereits mit Bourvil verfilmt. 2016 kam noch ein weiteres Remake heraus

Der unverheiratete Finanzbeamte Buchsbaum ist ein netter Langweiler aus dem Bilderbuch – er sammelt sogar Briefmarken. Eines Tages macht er eher zufällig die Feststellung, dass er durch Wände gehen kann. Diese Superkraft ermöglicht ihm, allerlei Unfug anzustellen – z.B. einen nächtlichen Einbruch in ein Warenhaus – und kommt ihm sehr gelegen, als er sich seines neuen Chefs erwehren muss (ein sadistischer Kommisskopp, der mit Hubert von Meyerinck ideal besetzt ist). In einer besonders wichtigen Angelegenheit hilft Buchsbaum diese Fähigkeit aber zunächst nicht weiter: er hat sich in seine neue Nachbarin verliebt, eine Ausländerin mit kleiner Tochter …

Ohne zu deren schriller Tonlage aufzulaufen, hat “Ein Mann geht durch die Wand“ den konsequenten Humor der Rühmann-Vorkriegskomödien „Florentiner Hut“ und „13 Stühle“ und ist unzweifelhaft sein am besten gealtertes Lustspiel aus der Wirtschaftswunderzeit. Hier blüht ein Handwerk, das im deutschen Komödienkino dieser Tage zuverlässig fehlt: Feinsinn, urbaner Slapstick, abgründige Zwischentöne, eine liebevolle Inszenierung auch der winzigsten Nebenrollen und mikroskopisches Timing. Und ein Detail, das ich erwähnen möchte, weil es so selten anständig erledigt wird. Die liebreizende französische Nachbarin des Helden spricht sehr schlecht Deutsch. Ihr händeringendes Kommunizieren ist meisterlich umgesetzt und sehr komisch, ohne dass die Figur dabei verraten wird.
Eine weitere Rarität ist die Fehlbarkeit des Rühmann-Charakters, während seine Rollen üblicherweise als erbarmungslos verschmitzte Übermenschen angelegt sind, die einem fürchterlich auf die Nerven gehen. Es bedarf eines magischen Vorgangs, der ganz plötzlich auch wieder verschwindet, um ihm die letzten, aber entscheidenden Meter zum Glück freizuräumen.
„Und täglich grüßt das Murmeltier“ – vielmehr: es lässt grüßen.

Dieser Beitrag wurde unter Film, Krimi, Literatur abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Die schönsten Filme, die ich kenne (32): „Ein Mann geht durch die Wand“

  1. Pingback: Es geschah am hellichten Tag - Monty Arnold blogt.Monty Arnold blogt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert