Die schönsten Filme, die ich kenne (77): „Coma“

Kürzlich wollte ich mir mit einem Freund einen Nostalgie-Filmabend gönnen. Ich schlug das Klinikdrama „Coma“ vor, das ich ewig nicht gesehen, aber als recht unterhaltsam in Erinnerung hatte, und gab die Warnung aus, es könnte vielleicht etwas campy werden, ein bisschen angestaubt und unfreiwillig komisch. Dieser Verdacht war durch das kürzliche Wiedersehen mit einer anderen Seventies-Arbeit von Michael Crichton erregt worden, „Futureworld“ – die hatte ich kaum wiedererkannt, so überholt erschienen sie mir. Im Falle von „Coma“ war die Sorge unbegründet. Es war ein geradezu aprilfrisches Vergnügen.

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Ab der Mitte gibt es ein wenig Horror und Science-Fiction: Jerry Goldsmiths Musik zur zweiten Hälfte von „Coma“.

Die am Boston Memorial tätige junge Ärztin Dr. Susan Wheeler (Geneviève Bujold) ist schockiert: eine kerngesunde Freundin ist während einer Abtreibung ins Koma gefallen. Susan beginnt misstrauisch zu werden, als sie bemerkt, dass sich solche Unfälle im Hause immer im OP Nr. 8 ereignen. Ihr Freund Mark, ein ehrgeiziger Kollege (Michael Douglas in einer tragenden Nebenrolle), beschwichtigt sie – ohne Erfolg. Irgendwann erregt sie durch ihre Schnüffeleien auch den Unmut des Klinikchefs. Doch Susan lässt nicht locker. Sie klettert auf ihrer Suche nach Anhaltspunkten durch Luftschächte und besucht schließlich das einsam gelegene Jefferson-Institut, in das die Komapatienten der Klinik üblicherweise gebracht werden. Längst fühlt sich ein Killer für Susan zuständig …

„Coma“ ist mit ungeheurer Sorgfalt und Inspiration umgesetzt. So durchzieht den Film ein fein gewebtes Hintergrundrauschen aus teils fachlichem, teils privatem Smalltalk in den Räumen und Fluren der Klinik. Das Gezänk des jungen Heldenpaares ist von Bergman’scher Präzision und emanzipatorisch aktuell.
Die erste Dreiviertelstunde über gibt es keine Filmmusik. Erst als sich die Heldin bedroht zu fühlen beginnt, geht Jerry Goldsmith leise an die Arbeit. Als sie kurz darauf zum ersten Mal das Institut besucht, in dem sie später einer Riesensauerei auf die Spur kommen wird, unterstreicht der Soundtrack den abscheulichen Anblick dieses als Festung angelegten Plattenbaus. Wenn sie sich im Kühlraum zwischen Leichen verstecken muss, wird es zuweilen etwas eklig, aber die Einordnung des „TV Spielfilm Filmlexikons“ als Horrorfilm ist ein wenig übertrieben. Immerhin wird die Arbeit der Chirurgen recht offenherzig gezeigt.

Gibt es an einem solchen Kleinod des Genrekinos eigentlich etwas auszusetzen? Einer der Biographen von Michel Douglas verschnupfte sich darüber, dass dieser in seinem ersten Kinofilm nach „Die Straßen von San Francisco“ erst ab der Mitte des Films „dicht an die Sphäre des deus ex machina drängt“. Nichts für ungut – von den späteres Stars, die sich hier in Nebenrollen verstecken, hat es Michael Douglas am weitesten gebracht.

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