Filmszenen zum Davonlaufen (3): Sag Hallo zu Truman

betr.: 56. Geburtstag von Jim Carrey

Truman ist ein einnehmender junger Mann, ein Kerlchen zum Liebhaben. Das muss er auch sein, aus mehreren Gründen. Zunächst einmal ist er ein Liebling von Millionen, die sein Leben tagtäglich am Bildschirm verfolgen. Nicht, dass er besondere Kunststücke könnte oder dass sein Alltag in irgendeiner Weise aufregend wäre. Die Faszination für ihn beruht auf dem zweiten Grund: er ist so herzensrein und naiv, dass er die Beobachtung durch sein Millionenpublikum nicht bemerkt. So groß ist sein beneidenswertes Urvertrauen, dass er nicht erkennt, wo er lebt: in einer gewaltigen Kulisse, in der unzählige versteckte TV-Kameras auf ihn gerichtet sind, dass jene, die er für  Freunde, Familie und Mitmenschen hält, professionelle Schauspieler sind. Natürlich ist er kein Idiot – wie gesagt: man muss ihn ja gernhaben können. Aber er kennt es nicht anders, denn er ist in dieser Rundum-Deko geboren worden und in sie hineingewachsen.

„Die Truman Show“ ist eine Mediensatire, die uns knackige 80 Minuten lang dieses haarsträubende, aber hochinteressante Gedankenspiel als halbwegs realistisch verkaufen muss. Wir erfahren, was alles unternommen wird, um Trumans Motivation auszubremsen, die (künstliche) Insel auf der er lebt, einmal zu verlassen. Wir beobachten scheiternde Sabotageversuche dieses TV-Unternehmens, das von einigen Zusehern als barbarisch empfunden wird. Und wir bestaunen einen wuseligen Medienapparat, der auf dem Bildschirm vollkommen unsichtbar sein muss. Später werden wir erleben, wie Truman etwas zu ahnen beginnt und uns fragen, wohin das führen wird. Dass es hier auch um Überwachung und Totalitarismus gehen kann, wenn man das so sehen möchte, gibt der Sache einen zusätzlichen kribbelnden Grusel.

Diese Illusion steht und fällt mit der Hauptfigur, mit ihrer Vertrauensseligkeit und herzigen Einfalt.
Zu Beginn kommt Truman wie jeden Morgen aus dem Haus, sein Blick schweift durch die sonnige, porentief reine Vorstadtsiedlung. Die Nachbarn sind nicht nur gecastet, sie sehen auch so aus. Man winkt einander zu und begrüßt sich freundlich quer übers eigene Grundstück.
Doch was ist das? Truman ist gar kein netter Kerl, er ist das Gegenteil davon. Es ist Jim Carrey, ein Mann, dessen Gesicht zu einer zynischen Fratze verzerrt ist, dessen Grüßen und Winken eine Motorik hat, die uns in jedem Tex-Avery-Cartoon erfreuen würde. Er grinst und posiert so abgefeimt, als wäre er derjenige, der hier alle verarscht, und nicht umgekehrt. Und er tut das nicht etwa wegen der Einschaltquote oder um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er tut es einfach deshalb! Er verarscht alle, weil er die Menschen hasst und weil er sie drangsalieren möchte. Er wäre ja auch schön blöd, wenn nicht. Schließlich hat er es in seinen bisherigen Filmen (laute, schrille Komödien) auch so gemacht.
Der Film ist massakriert, ehe er richtig begonnen hat.
Schade, dass man für diese Rolle keinen Schauspieler genommen hat, sondern eine jederzeit restlos entfesselte Karikatur ihrer selbst.

Dieser Beitrag wurde unter Fernsehen, Film, Medienphilosophie, Rezension abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert