Noch’n Alien – Das Konsensmonster aus einer fremden Welt

betr.: Alien-Schwerpunkt im Abendprogramm von Kabel1 von Sonntag bis Dienstag

Spoilerwarnung: sollten Sie den Wunsch haben, den Film „Life“ (USA 2017) anschauen zu wollen, überspringen sie den letzten Absatz dieses Blogs.

Von einem ganz besonders geschätzten und langjährigen Freund, an den mich gleichwohl ein gravierender Mentalitätsunterschied bindet, erhielt ich einen Filmtipp und die DVD gleich mit dazu: den Weltraum-Thriller „Life“. Der Film habe ihm immerhin so gut gefallen, meinte mein in Kulturfragen nicht ganz so empfindlicher Freund, dass er ihn mir wirklich empfehlen wolle. Das Werk ist teuer und gutaussehend und es kommen Stars drin vor, trotzdem habe ich es völlig verpasst, als (vermutlich) vor wenigen Jahren in unseren noch geöffneten Kinos lief.
Ich fand diesen Film auf so exemplarische Weise missglückt, dass ich hier darüber reden möchte. Er enthält nämlich so ziemlich alle vermeintlichen Vorzüge und tatsächlichen Fehlleistungen, die die zeitgenössische Film- und Serien(!)produktion für mich so wertlos und ungenießbar machen.

Zunächst einmal: es gibt hierin nichts, aber auch gar nichts Neues. Selbst Menschen, die weniger alte Filme mögen, erkennen sofort das am intensivsten geplünderte Vorbild: „Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“, ein Film, der zwar inzwischen über 40 Jahre auf dem Puckel hat, aber hochpräsent ist – als Bezugspunkt, als Grundlage von Fortsetzungen, Remakes, Parodien und Plagiaten, aber auch höchstselbst in Wiederaufführungen, regelmäßigen Ausstrahlungen und Neuveröffentlichungen. Es ist aberwitzig, anzunehmen, dass die hier wiedergekäute Geschichte einer Mannschaft im All nicht jeder sofort auswendig herunterbeten kann, wenn „Life“ beginnt. Okay – hier sind es Forscher auf einer erdnahen Raumbasis, keine Transportarbeiter im fernen All, und das Wesen dringt nicht ein, sondern wird absichtlich an Bord aus einer Mars-Zelle gezüchtet und macht sich dann selbstständig. Die übrigen Unterschiede sind marginal, aber folgenreich.

Schon die frühere Mannschaft war bunt und inklusiv zusammengestellt, aber diesmal sind alle pausenlos so knuffig und zuckersüß zueinander, als säße Hubertus Meyer-Burckhardt mit geladenem Phaser in der Dekoration, um die Einhaltung der Dauergrinse-Verordnung zu überwachen. Auch hier ist das Alien archaisch-unmenschlich, instinktiv, tückisch und gnadenlos – nur leider nimmt sich die Computeranimation neben dem analog hergestellten Vorläufer wie ein Bildschirmschoner aus. Auch hier mag man sich fragen, wer wohl als letzter bei der Abschlachterei übrigbleiben wird. Während das im Original von 1979 aber noch eine Überraschung war (die damals unbekannte Sigourney Weaver als eine der wenigen Frauen an Bord), ist es hier der Prominenteste und angesagteste Darsteller, der mit seiner hübschen jungen Partnerin ins Finale kommt. Zwar gab es auch in dem alten Film Emotionen und menschliche Töne, aber was uns hier an Schwulst und Kitsch, unentwegtem Familien-Gesülze und in der Schwerelosigkeit treibenden Souvenirs (das Kinderbuch des coolen Astronauten!) an Rührseligkeiten zugemutet wird, ist selbst für einen Ami-Mainstream-Film eine tödliche Dosis. Während „Alien“ und seine unmittelbaren Fortsetzungen noch ganz klar Thriller sein wollten – und damit freiwillig auf einen Teil des Publikums verzichteten, um einen anderen umso glücklicher machen -, will „Life“ es mal wieder allen recht machen. Wie das eben heute so ist …

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