Die reifende Männerstimme

Manche Synchronschauspieler sind so lange im Geschäft, dass man die Veränderung, die eine Stimme im Laufe eines Lebens durchmacht, bestaunen und studieren kann. Aber nicht alle Langstreckenläufer am Mikrofon eigenen sich gleich gut dazu.

Friedrich Schoenfelder machte auf mich nicht nur den Eindruck von Unverwüstlichkeit, er schien geradezu unsterblich. Doch ebenso wie er sich äußerlich nicht veränderte (vergleichbar mit David Niven, einem seiner Stammschauspieler), blieb er auch stimmlich stets derselbe – auf höchstem Niveau also.
Gert Günther Hoffmann war über Jahrzehnte so allgegenwärtig, dass mir die Alterung seiner Stimme gar nicht auffallen konnte, und als ich später Vergleiche mit deutlich älteren Aufnahmen anstellte, machte er immer noch den Eindruck eines Sportlers, der seine drahtige Konstitution behält, weil er durchgehend im Training ist. Auch Hoffmanns Leistung war beständig. Erst in den allerletzten Jahren entwickelte er einen leicht rührseligen Überschwang und musste sich von einem seiner zahlreichen Hollywoodstars (William Shatner alias „Captain Kirk“) in einer deutschen Talkshow vorhalten lassen, ein wenig zu lispeln.

Michael Chevalier ist das schönste Beispiel für unser heutiges Gedankenspiel. Er veränderte sich im Laufe der Zeit so gründlich, dass ich regelmäßig gar nicht auf seinen Namen komme, weil es ihn gewissermaßen mehrmals gibt. Von Anfang an war er überaus viril, so kühn wie verletzlich, in jedem Take glaubhaft und berührend. Sogar dann, wenn die abgebildete Figur es nicht war. Doch dann ging allmählich eine immense Veränderung mit ihm vor. Vergleichen Sie einmal die deutschen Tonspuren von „Prinz Eisenherz“ (Robert Wagner) und „Jules et Jim“ (wo Oskar Werner sich ausnahmsweise nicht selbst betreut) mit den späten Auftritten von Charles Bronson. Die Stimme ist nicht nur viel tiefer und markanter geworden, sie wirkt leider auch recht onkelhaft und bürokratisch. Man denkt sofort: „Hey! Der gute alte Synchron der Siebziger!“, freut sich über ein wohliges Camp-Gefühl und hält Ausschau nach Bud Spencer und Terence Hill. Die meiste Freude macht der reife Michael Chevalier, wenn ihn der vordergründige Humor seiner Figur aus der Reserve lockt, etwa beim dicken Hoss in der Serie „Bonanza“ – jawohl, nicht zu fassen, das ist er auch!

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