Warum wir Gerichtsfilme mögen

Seit der Tonfilm ausführliche Dialoge möglich machte, ist der Gerichtsfilm ein festes Genre  (auch als Sujet von TV-Serien). Es wird nur gelegentlich bespielt, kam aber niemals völlig aus der Mode. Seine beiden beständigsten Klassiker erlebte das „Courtroom Drama“ im Jahre 1957: „Zeugin der Anklage“ (von Regisseur Billy Wilder nach einen Bühnenstück von Agatha Christie) und „Die 12 Geschworenen“ (vom Debütanten Sidney Lumet nach einem Hörspiel von Reginald Rose, das dann im Theater Karriere machte).
Wie viel der Beruf des Prozess-Anwalts mit dem des Bühnenschauspielers gemein hat, ist Gegenstand vieler Kalauer – besonders in Großbritannien, wo der Gerichtsverhandlung (wie auch der politischen Debatte) eine Theatralik innewohnt, die für deutsche Augen etwas unfreiwillig Komisches hat. Auch die schwarzen Roben sind eine britische Erfindung.
Für das Kino ist am Gerichtssaal aber noch vieles andere verlockend: „der kompakte Ort, die zugespitzten Dialoge, die Zuverlässigkeit, mit der man als Zuschauer am Ende erlöst wird: Fiktionen, die von der Herstellung von Gerechtigkeit handeln, machen uns die unüberschaubare, unfaire Wirklichkeit erträglich. Während in den USA die Bürgerrechtsbewegung entstand, nahm dieses Genre richtig Fahrt auf, mit James Stewart in ‚Anatomie eines Mordes‘, Gregory Peck in ‚Wer die Nachtigall stört‘ …“ (Annette Ramelsberger in der SZ). Zu den späteren Beiträgen von bleibendem Wert zählt „Eine Frage der Ehre“ mit Jack Nicholson*. Alles Dramen. Bald darauf, Ende der 90er, kamen mit TV-Serien wie „Ally McBeal“ auch komödiantische Anwaltsserien in Mode. Bereits in der jungen Bundesrepublik hatte es eine Komödie aus dem Gerichtssaal vorübergehend zum Klassiker gebracht: „Hokus Pokus“ von Curt Goetz (wiederum ein verfilmtes Theaterstück).

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* Siehe auch https://blog.montyarnold.com/2022/05/08/20621/.

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