Kultfilm gesichtet! (Nicht zu fassen!)

Vor einiger Zeit habe ich an dieser Stelle beklagt, es gebe keine Kultfilme mehr.* Nicht im eigentlichen Sinne jenseits des Marketing-Sprechs: als Bezeichnung für einen Film, der sehr schlechte Startbedingungen hat – billige, unabhängige Produktion ohne Schauwerte und vordergründige Kassenstars / keine schwülstige Botschaft / obskures Milieu (aus Sicht des US-zentrierten Mainstreams) und Sujet – und der dennoch zum Welterfolg (und zur Cash-Cow) wird, weil das Publikum sich und ihn durchgesetzt hat. In einer Ära, in der der sprichwörtliche größte Haufen, auf den der Teufel sich zu erleichtern pflegt, alle anderen nicht nur überragt sondern unter sich begräbt, ist es eine doppelt gute Nachricht, was der Klamotte „Everything Everywhere All At Once“ in den letzten anderthalb Jahren gelungen ist. Der Fim ist nicht nur von Anfang bis Ende unterhaltsam und bei aller Anspielungssattheit innovativ, er hat es sogar in die bevorstehende Oscarverleihung geschafft. Sie bestätigt als inzwischen rein kommerzielles (ausdrücklich nicht-kutlturelles) Rating offiziell den Erfolg dieses Films, selbst wenn er keine der Trophäen erhalten sollte, für die er nominiert ist.
„Everything Everywhere All At Once“ ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt, dass Qualität und Erfolg nicht länger vereinbar sind, seit das Publikum – ermüdet von der nachrückenden Masse – die Lust verloren hat, sich selbst etwas auszusuchen und sich nicht etwa verarscht oder bevormundet, sondern entlastet fühlt, wenn ihm ein Algorithmus auf Basis des reinen Marketings erklärt, was es zu mögen und zu bevorzugen hat.

Wie konnte es mir passieren, dass ich den Film gesehen habe, als er noch ein reiner Geheimtipp war? Ich wurde vom Direktor des Abaton-Kinos quasi blindverkostet. Er lud mich in zwei aktuelle Filme ein, die er für mich aussuchte. Da ich mich also nicht vorher damit beschäftigen musste, ging ich ganz unbefangen in „Red Rocket“ und „Everything Everywhere All At Once“. Sie waren – zu meiner Überraschung – beide ganz einfach zauberhaft! Und der zweitere hat außerdem Jamie Lee Curtis!
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* Siehe https://blog.montyarnold.com/2019/07/25/kultfilme/

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