Dietmar Bär und das Böse aus dem Lautsprecher

betr.: Hörbuch „Entenblues“, gelesen von Dietmar Bär*

Wenn Fernsehkommissare Hörbücher einlesen, steht man schnell mit einem Bein in der Unterwelt. Halbseidenheit, Amtsanmaßung und schwerer Betrug sind an der Tagesordnung, sobald prominente Fernsehgesichter ans Sprechmikrofon durchgewunken werden. Ich habe die Formulierung „mit einem Bein“ mit Bedacht gewählt: als Zuhörer ist man mal Opfer, mal potenzieller Täter. Ein gewisser Kommissar aus Kiel liest so schlecht, dass es mich persönlich tief (geradezu körperlich) verletzt hat, bei einem anderen, einem „alten“ aus München, befielen mich Mordgelüste.
Deshalb zögerte ich lange, mich auf die Lesungen von Dietmar Bär einzulassen, den ich (ich beeile mich, das zu sagen!) als Schauspieler für einen unserer Allerbesten halte. In seiner Rolle als Freddy Schenk im Kölner „Tatort“ kann und muß er das nicht immer in vollem Umfang ausfahren, aber er hat seine Qualität im Laufe der Jahre immer wieder unter Beweis gestellt – u.a. in Fernsehspielen wie „Drechslers zweite Chance“ und „Kehrtwende“ und natürlich auch im „Tatort“.
Vor einigen Jahren tat ich es schließlich doch: ich legte mir „Kim Novak badete nie im See von Genezareth“ ein, und schon Minuten später war ich ein doppelter Verehrer von Dietmar Bär. Er leitete mich auch sicher durch die Stieg-Larsson-Thriller, noch ehe diverse Film- und Hörspielfassungen sehr unterschiedlicher Qualität über uns hereinbrachen.

Nun hat der feinste Hörbuch-Interpret, den wir zur Zeit haben**,
wieder eines vorgelegt. Es kann nicht immer Håkan Nesser sein, und von Zeit zu Zeit muß man sich als Fan auch mal auf den einen oder anderen neuen Autor einlassen. Das Cover ließ mich also zurückschrecken, der Titel auch: „Entenblues“ klingt schwer nach Schmunzelkrimi. Und die meisten Schmunzelkrimis sind bekanntlich kein Verbrechen sondern ein Teil des Strafvollzugs.

In dieses Hörvergnügen habe ich mich erst hineinarbeiten müssen: die Figuren sind ungeheuer auf skurril gebürstet, schon ihre Namen sind eine schwere Prüfung: Erwin Düsedieker (der Held, ein betont schlichtes Gemüt!), Arno Wimmelböker, Wilfried Lappenbusch, Hilde Gerkensmeier … Aber Dietmar Bär, der wackere Freund und Helfer, beschützte mich, nahm mich bei der Hand und führte mich in eine Geschichte hinein, deren Sprache fein und poetisch ist. Das ganze Abenteuer ist keineswegs so aufdringlich wie das Konzept, sondern getragen von der Liebe zur Kreatur. Zwischen den genannten Kalauern entfaltet sich unerwartet ein reicher Humor.

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, aber da ich das ganze Werk – 8 CDs – in kleinen Dosen zur guten Nacht auflege, wird es noch ein wenig dauern, bis ich es wirklich beurteilen kann. Schon jetzt kann ich dies nicht bei mir behalten: ein Lob an den Autor Thomas Krüger, den man vor seinen eigenen Verpackungskünsten in Schutz nehmen muß und dem man zu seiner geliehenen Stimme nur gratulieren kann.

*****

Nachtrag: „Entenblues“ mittlerweile zuende gehört. Bei den letzten beiden CDs traute ich meinen Ohren nicht: an die Stelle der kauzigen (und dennoch spannenden) Geschichte tritt eine absurde, beklemmende, spannungsfreie, sprachlich belanglose, zotige Achterbahnfahrt durch an den Haaren herbeigezogene mediale Phrasen und quasi-tagespolitische Versatzstücke.  Ich mußte nachspülen, indem ich mir die erste CD nochmals anhörte. Nun bin ich in der Lage mir einzureden, es sei nur ein böser Traum gewesen und versenke das Hörbuch im nächsten Ententeich!

* erschienen bei „Schall und Wahn“
** Der großartige Peter Fricke wird von mir im Hörspiel eingeordnet.

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Eine Antwort zu Dietmar Bär und das Böse aus dem Lautsprecher

  1. Edeltraud Bartzen sagt:

    Bin auch ein großer Fan von Dietmar Bär!
    Übrigens läßt die Aussprache vieler Schauspieler in den neueren Filmen – Tatorten –
    zu wünschen übrig!!

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