Sabotage!

betr.: 61. Geburtstag von Stieg Larsson / Das Hörbuch „Strafe“ von Håkan Nesser und Paula Polanski

Als 2011 der US-Film „Verblendung“ anlief, schrieb ein kluger Rezensent, es müsse herrlich sein, diese irre Geschichte zum ersten Mal zu erleben, aber das sei leider so gut wie ausgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die internationale Gemeinde der Krimihasen und Thrillerjunkies nämlich volle sechs Jahre hinter sich, in denen ihnen diese wieder und wieder erzählt worden war. Zunächst einmal hatte es die unerwartet erfolgreiche „Millennium“-Romantrilogie von Stieg Larsson gegeben, einem investigativen Journalisten, dessen Erfahrungen ihn die Heldin der Stunde erschaffen ließen: eine beinahe autistische Hackerin, die eher zufällig für die richtige Seite arbeitet. Umgehend folgten allein hierzulande mehrere Hörbuch- und Hörspielfassungen und Plagiate sowie eine schwedische Amphibienverfilmung (also eine dreiteilige Kino- und eine noch ausführlichere sechsteilige TV-Schnittfassung). Ausgerechnet Hollywood, das Königreich der Bandwurmformate, schreckte bei seinem Remake vor einer Fortsetzung zurück; es blieb beim oben genannten ersten Teil des Falles, der immerhin zu einem recht befriedigenden Abschluß findet.

Ich hatte das Glück, mit den Hörbüchern von Dietmar Bär in dieses Phänomen einzutauchen*. Da er mich bereits mit seinen Håkan-Nesser-Lesungen in Bann geschlagen hatte, kaufte ich seine Larsson-Trilogie quasi im Vorbeigehen und verbrachte 31 Stunden im Paradies.
Nun, da der Hype lange verraucht ist, setzt eine gewisse Wehmut ein.
Zum einen natürlich, weil Stieg Larsson uns nichts mehr nachlegen kann – angeblich hätte die Geschichte um Lisbeth Salander ja sogar ein Zehnteiler werden sollen. So rasch und tosend dieser Rummel auch hereingebrochen war, der unerwartet und 51jährig verstorbene Autor° hat ihn gar nicht miterlebt.
Wehmut zum anderen, weil die Hörkrimi-Branche ihrem einfühlsamsten und virtuosesten Interpreten offensichtlich nicht  mehr über den Weg traut. Zum wiederholten Male stellt man Dietmar Bär bei den Lesungen Kollegen zur Seite. Schon das letzte Nesser-Hörbuch „Himmel über London“** war ein zweischneidiges Vergnügen. Dieses teilte er sich mit der etwas säuerlich-distanziert agierenden Simone Kabst und dem Schauspieler Walter Kreye („Der Alte“), dessen säuselnder Singsang niemals ein Satzende erkennen läßt, was mir schier die Fußnägel hochklappte. Bei „Strafe“, dem jüngsten Håkan Nesser aus dem HörVerlag, den mir meine treusorgende Buchhändlerin gestern in die Hand drückte, muß sich Dietmar Bär nun von Katja Riemann unterbrechen lassen.
Das kann ja heiter werden!
Warum darf der Mann nicht einfach in Ruhe seinen Job machen?

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* 3 CD-Boxen erschienen bei Schall & Wahn
** 2 mp3-CDs erschienen im Hörverlag
° siehe dazu auch den Blog vom 5. November 2014

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