Broadway’s Like That (11): Die Gershwin-Musicals der 20er

3. George Gershwin und das Jazz-Age (4) (Fortsetzung vom 23. Mai)

1927 schrieben die Gershwins ein weiteres Erfolgsmusical für die Astaires: „Funny Face“, das sogar Maurice Ravel begeisterte. Ein besonderes Dokument gehört zu den Originalmaterialien, die zur Rekonstruktion von „Lady Be Good“ herangezogen wurden. Es erlaubte, sogar die Tanzschritte der Nummer zu rekonstruieren. Fred Astaire singt und steppt „The Half Of It, Deary, Blues”, George Gershwin begleitet am Klavier.
Fred Astaire erinnert sich in seiner Autobiografie “Steps In Time” daran, wie diese Tanznummer entstand:

In der The-Half-Of-It-Deary-Blues-Nummer gab es nicht viel zu tanzen. Sie wurde hauptsächlich gesungen und war so eine ausgezeichnete Gelegenheit zu experimentieren. So ging ich daran, einen Stepptanz vorzubereiten, mit dem ich die Nummer ausschmücken wollte. Gershwin gefiel diese Idee, und er kam oft vorbei, um meine Proben am Klavier zu begleiten.  Dabei sprang er häufig vom Klavier auf, um eine Idee für einen Schritt oder einen besonderen Effekt für etwas, an dem ich gerade experimentierte, vorzumachen.

Etwas von dieser Spontaneität vermittelt auch die Aufnahme von 1926.

Fred Astaire & George Gershwin (p): The Half Of It, Deary, Blues (1926)

“Lady, Be Good!” war der Auftakt einer Reihe glanzvoller Musical Comedies, welche die Gershwin-Brüder in den 20ern miteinander schrieben. „Tip Toes“, „Oh, Kay!“, “Funny Face” und “Girl Crazy” waren darunter.
Viele berühmte Gershwin-Songs – “That Certain Feeling”, “’s Wonderful”, “Embraceable You”, „Someone To Watch Over Me“ – haben hier ihre Quelle.
Die rekonstruierten Fassungen versetzen diese Songs wieder in ihren ursprünglichen Kontext zurück, zu dem dann auch unbekannte Songs, Chöre, Tanzsequenzen, Reprisen oder Musical Scenes aus Dialogen und Musik gehören.

Natürlich war es zum einen die Musik mit ihrer tänzerischen Rhythmik, ihrem jazzy drive, ihrer so präzisen wie überschwänglichen Melodik, ihrer differenzierten Harmonik, ihrer Ausdruckspalette von vital und witzig bis lyrisch und romantisch, welche die Gershwin-Musicals von der Mehrzahl der Broadway-Produktionen ihrer Zeit abhob. Zum anderen darf man aber auch Ira Gershwins Songtexte nicht unterschätzen. Ira, der zurückhaltend, bescheiden und gelehrt, stets etwas im Schatten seines umtriebigen Bruders George stand, teilt in seiner Arbeit mit George den Sinn fürs Spielerische.

Ira Gershwin beherrschte die Kunst, ausgeklügelte sophisticated Songtexte zu erfinden, die gleichwohl nie angestrengt oder manieriert sondern mühelos und selbstverständlich wirken. Zwanglos hintergründig reimt er schon mal „Heine“ auf „China“, oder er singt die Zeile „My nights were sower, spend with Schopenhauer“ – so geschehen in „Isn’t It A Pity“ aus “Pardon My English” von 1933, das übrigens in Dresden spielt.

Forts. folgt

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