Der Song des Tages: „Campton Races“

betr.: 190. Geburtstag von Stephen Foster

Dass man als Volksheld und Dichter – bzw. Komponist – dennoch arm und alleingelassen enden kann, haben uns viele große Meister vorgelebt. Stephen Foster hatte nur 38 Cent in der Tasche, als er starb und hätte 144 Jahre alt werden müssen, um den Tag noch zu erleben, da er endlich in die Songwriters Hall Of Fame aufgenommen wurde. Er starb in einem schmuddeligen Zimmer an der Lower East Side, die etwa 50 Jahre später zur Wiege einer neuen amerikanischen Musikkultur werden sollte.*
Dennoch ist Stephen Foster vermutlich der wichtigste Barde der noch jungen USA und der erste, der das Handwerk des Songschreibers als Beruf ausübte. (Mit mäßigen Erlösen, wie wir ja nun wissen.)
Mir begegneten seine Melodien zunächst auf dem Papier – in den Comics um den Cowboy Lucky Luke erschienen sie immer wieder mit kleinen Notensymbolen, wenn die Jungs aus dem Westen es am Feierabend mal krachen ließen und in die Tasten / Saiten griffen. Dann erfuhr ich, dass der Auftrittssong von Foghorn Leghorn, dem dümmlichen Gockel aus den „Bugs Bunny“-Vorabendprogrammen, ein Foster-Song ist: „Campton Races“ mit der berühmten Refrainzeile „Doo-dah, doo-dah!“
Campton Races_Auszug
Diese Melodie gehörte – ähnlich wie „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ oder „Rucki Zucki“ zu jenen Kirmesschlagern, die wir Grundschüler damals mit Lehrer-diffamierenden Texten versahen, um unseren Blues zu vertreiben. („Frau Hoffmann hat’n Kind gekriegt und weiß noch nicht von wem. Der Nachbar hat’n Schäferhund, vielleicht ist es von dem!“ lautete eine für damalige Verhältnisse geradezu anarchische Coverversion meiner Mitschüler. Aber Frau Hoffmann war auch wirklich eine unangenehme Person …)
Der möglicherweise bekannteste Foster-Song meiner Jugend war „O Susannah!“ – Diesen Titel erkennt man im Gegensatz zu „Campton Races“ sogar schon an der Überschrift.

Der Song „Old Folks At Home“ – dessen Text in Gershwins „Swanee“ zitiert wird – ist die Grundlage einer besonders kuscheligen Situation im Filmklassiker „Hatari!“. Hardy Krüger versucht, diese Melodie auf dem Klavier zu spielen und läßt schließlich Elsa Martinelli den Vortritt. Red Buttons spielt dazu Mundharmonika, und eine Jam-Session entsteht – ein unvergeßlicher Moment. Diese Szene fühlte sich an, als würde sie tatsächlich in unserem Wohnzimmer stattfinden.

In einem Punkt mußte ich aber Abbitte leisten, als ich mich an die Verfassung dieses Blogs machte. Mein persönlicher Lieblings-Foster war mir zwar sogar von meiner Mutter auf der Orgel vorgespielt worden, aber es ist gar kein Foster. „Oh My Darling Clementine“ stammt – man weiß es nicht genau – entweder von Percy Montrose oder von Barker Bradford. Auch in der irischen Folklore taucht diese Melodie auf, aber das ist ja kein Widerspruch, denn aller Country und Western hat ja seinen Ursprung im Irish Folk.

O My Darling Clementine

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* siehe dazu auch die Reihe „Broadway’s Like That“, beginnend im Blog vom 14. März 2016

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