Wenn es im Kino um das Showgeschäft geht, wird sich gern auf die Darstellung von Erfolg konzentriert und die Mühen auf dem Weg dorthin werden kräftig romantisiert. Obwohl sich die Leute aus Hollywood mit diesem Thema naturgemäß auskennen, ist der Realitätsgehalt in etwa so hoch wie im Fernsehkrimi, wo so ziemlich jeder Übeltäter nach spätestens 90 Minuten zur Strecke gebracht wird.
Die Reihe der Filme, die um das Scheitern eines Entertainers kreisen, ist vergleichsweise kurz: „Der Komödiant“ von Tony Richardson ist ein berühmtes Beispiel oder „Rampenlicht“, Chaplins Parabel über das Nachlassen der Witzigkeit im Alter. Hierin gibt es eine Alptraumsequenz, in der der Clown schließlich merkt, dass er sich die jubelnde Masse nur eingebildet hat. Auch „Funny Bones“ von Peter Chelsom, in dem der unbegabte Sohn eines großen Komikers gleich zu Beginn sein Las-Vegas-Debüt vergeigt, lässt uns das Versagen vor Publikum auf der anderen Seite der Rampe miterleben.
Niemand jedoch verkörperte die gepeinigte Kreatur eines mitleidslosen Amüsierbetriebs so verstörend und mit solchem Körpereinsatz wie Zero Mostel in „Der Strohmann“.
In diesem Film von Martin Ritt werden die Schrecken der Schwarzen Liste in der McCarthy-Ära geschildert. Ein wenig irritierend ist der Look: alles sieht aus wie zur Entstehungszeit des Films (Mitte der 70er Jahre), was durch Woody Allen in seiner darstellerischen Blütezeit noch unterstrichen wird. Erst auf den zweiten Blick bemerkt man das historische Design der Autos.
Woody Allen spielt einen wieselhaften Opportunisten, der sich als Strohmann für eine Reihe von TV-Drehbuchautoren buchen lässt, die kommunistischer Umtriebe verdächtigt werden. Im Gegensatz zu gesperrten Schauspielern haben diese immerhin die Möglichkeit, im Geheimen weiterzuarbeiten.
Ihr Stellvertreter genießt den Ruhm, der ihn nun im Nebeneffekt umgibt, und ist flapsig genug, die Bücher nicht einmal zu lesen, die er angeblich verfasst hat. Das führt zu ein paar köstlichen Woody-Allen-Momenten, wenn man versucht, ihn in einen Smalltalk über seine Arbeit zu verwickeln.
Einer der Fernsehstars, die von der Qualität dieser Bücher profitieren, ist der von Zero Mostel gespielte Hecky Brown. Mostel war selbst nach langen Jahren unter dem Bann der Kommunistenjäger aus Europa an den Broadway zurückgekehrt, wo er noch einige legendäre Musical-Rollen spielen sollte. In den späten 60ern wurde er auch wieder für die Leinwand entdeckt.
Dieser Schauspieler weiß also sehr genau, worum es geht, als seine Figur Hecky Brown auf der Schwarzen Liste landet, den Job beim Fernsehen verliert und wieder tingeln muss.
Doch damit nicht genug der Schmach: die gierigen Veranstalter handeln ihn auf lausige Gagen herunter und prellen ihn nach dem Auftritt sogar noch um diese Beträge.
Allen begleitet Mostel auf einer Gastspielreise in die Catskills und erlebt mit, wie das alte Zirkuspferd im Betriebsbüro gedemütigt wird, das Publikum mitreißt, sich gegen den anschließenden Betrug auflehnt und wie ein Eierdieb vom Hof gejagt wird.
Zero Mostel gibt den massigen, grotesken Scherzbold, der seiner aussichtslosen Lage bis zuletzt mit handwerklich gekonntem Sarkasmus begegnet. Er macht einen scheinbar unverdrossenen Abschiedsbesuch bei diesem Burschen, den er für einen genialen Autor hält, und spielt seinen Part bis zu dem Moment, da er sich aus einem Hotelfenster stürzt.
Während er uns von der Halbseidenheit der Prominenz und von ihrer Vergänglichkeit erzählt, leistet sich Mostel – im Gegensatz zu Meistern wie Chaplin, Harpo Marx oder Jerry Lewis in ähnlicher Lage – nicht den leisesten Anflug von Sentimentalität.
“The Front“ bleibt der beste Film über die Schwarze Liste – besonders wenn man ihn mit George Clooneys „Good Night And Good Luck“ vergleicht, aber auch vor „Trumbo“ braucht er sich nicht zu verstecken. Er ist außerdem eine jener ehrlichen Selbstreflexionen des Showgeschäfts in der Tradition von „Sunset Boulevard“, „Tootsie“ und „One Froggy Evening“.