Fortsetzung vom 1. Juni 2018
Sehen wir uns ein anderes Beispiel an, das mit den Besonderheiten dieser kleinen Form umgeht.
1984 inszenierte Michael Schaack (der im Jahr darauf in Hamburg die „Trickompany“ gründen sollte) einen parodistischen Krimi, der eine ähnliche Länge aufweist, nach den Comics und Cartoons von Don Martin. Der Zeichentrickfilm entstand für die WDR-Kindersendung „Spaß am Dienstag“ und fehlt sowohl im IMDb-Verzeichnis von Michael Schaack als auch in dem von Don Martin. Er trägt den Titel „Don Martin Does It Again“.
Auch hier wird der Krimi als Genre persifliert (mit einem Schwerpunkt auf dem Film noir), auch hier geschieht dies mit den Mitteln und Absichten des Slapstick. Der Film hat eine Länge von 15 Minuten, von denen allerdings einige auf die vielen inhaltlich bezugslosen Gags entfallen, die als Werbeeinblendungen gestaltet sind.
Der harte Privatschnüffler Fester Bester (ein wiederkehrender Don-Martin-Charakter) bekommt Besuch von einer aufregenden Blondine, die ihn vorgeblich um die Aufklärung des Mordes an ihrem Gatten bittet. Wie sich herausstellt, benutzt sie den Detektiv nur, um zu einem Mittäter geführt zu werden, den sie ebenfalls beseitigen will. Es kommt zu einer irren Schießerei in einer Lagerhalle, in die außerdem ein Gorilla und mehrere Polizisten verwickelt sind und die Bester als einziger überlebt. Da er das niemandem schlüssig erklären kann, wird er eingebuchtet.
Wie gut ist dieser Film gelungen? Sein Look schafft einen recht beeindruckenden Spagat: er fängt einerseits den Stil von Don Martin ein und schafft gleichzeitig eine stilechte Noir-Atmosphäre mit ausgefeilten Hintergründen, wie sie in keinem Don Martin-Comic auch nur angestrebt werden.
Die Gags gefallen sich als besonders vertrottelte Kalauer (absichtlicher Trash), und auch die Besetzung aus beliebten Synchronsprechern agiert auffallend lustlos.
Als Einzelstück hat der Film einigen Charme und trägt den Cartoon-Fan gut durch seine kurze Lauflänge. Sollte er als Pilot für eine Serie gedacht gewesen sein – dafür spricht z.B. die Einbeziehung des gefeierten „MAD“-Künstlers Don Martin, der hier ins animierte Serienformat gefunden hätte, und die Tatsache, dass bei „Spaß am Dienstag“ mit Vorliebe Serien liefen, z.B. Schaacks „Der kleene Punker“ – sind die Macher nicht sehr planvoll vorgegangen. Die Handlung besteht ausschließlich aus Klischees, die schon vor 32 Jahren sattsam ausgemolken waren – erst 1981 war der Hollywoodfilm „Dead Men Don’t Wear Plaid“ herausgekommen. Auf diesem Gebiet ist nichts mehr übrig, und ein anderes wird nicht ansatzweise erschlossen. (Der vage Titel „Don Martin Does It Again“, der eher wie ein Arbeitstitel klingt, könnte ein Hinweis darauf sein, dass in der Folge an weitere Genreparodien gedacht wurde. In diesem Falle wäre die Reihe aber nach wenigen Folgen zuende gewesen.)
Ein Pilot sollte eine eigene (frische) Geschichte erzählen, auch wenn er sie in eine Persiflage einbettet, sonst geht ihm – wie im vorliegenden Falle – schon beim Debüt der Saft aus. Don Martin hat diese Regel in seinen Comics durchaus beherzigt. Sein Superhelden-Spoof „Käpt’n Hirni“ gönnt sich in jeder Episode ein spezielles Umfeld – das Theatermilieu etwa, die Welt der Geheimdienste oder schlicht eine für Don Martin typische Verlierer-Story. Das ist blanker Unsinn – und es funktioniert.
Dieser Text ist ein Auszug aus dem Essay „Humor Omnia Vincit“