Hollywood hat sich selbst mehrfach zum Thema gemacht und in den gelungensten Fällen nicht geschont. Es entstanden etwa gleichviele Dramen, Komödien und Musicals zu diesem Sujet – und eine Horror-Groteske von Robert Aldrich, die all diese Elemente in sich aufnimmt und sie wieder ausscheidet.
In einer alten Hollywood-Villa leben die einsiedlerischen Hudson-Schwestern Blanche und Jane. Eine Rückblende zu Beginn informiert uns, dass die beiden von klein auf Konkurrentinnen gewesen sind: erst beim Vaudeville, dann beim Film. Die blondgelockte Jane war ein umjubelter Kinderstar, deren Stern sank, während die brünette Blanche groß und größer wurde. Auf dem Höhepunkt ihres Ruhmes erleidet Blanche einen Autounfall und ist seither gelähmt. Jane, die sich wegen eines alkoholischen Filmrisses nicht an die Einzelheiten jener Nacht erinnert, soll die Schuld daran tragen und pflegt nun ihre alte Rivalin. Als sie erfährt, dass Blanche sich mit dem Gedanken trägt, das elterliche Haus zu verkaufen und ihre verwahrloste, etwas derangierte Schwester in einem Heim unterzubringen, tritt deren ohnehin labile Psyche in ein kritisches Stadium. Während sich Jane in den Traum von einem Comeback flüchtet – wieder als kleines Mädchen zurechtgemacht, mit groteskem Makeup -, drangsaliert sie die wehrlose Blanche in immer bedenklicherer Weise, verfällt zunehmend Alkohol und Wahnsinn. Ein Pianist wird gedungen, der seinerseits eine faustdicke Neurose hat, und alte Erfolgsnummern werden hervorgekramt. Währenddessen muss Blanche um ihr Leben fürchten.
Bei einem Strandausflug kommt es zu einem überraschenden Geständnis, das uns die im Titel gestellte Frage endlich beantwortet.
Ich kann mir keine Schauspielerin mit einem umfassenderen Unterhaltungswert vorstellen als Bette Davis. Auf den ersten Blick machte sie bei der Verkörperung verkommener Subjekte den größten Spaß, aber schließlich war sie ebenso überragend in „All About Eve“. Sie glänzt in jedem Alter, in allen Genres, in Technicolor wie in Schwarzweiß und unabhängig von Rang und Qualität der Produktion, in der sie auftritt – eine außergewöhnliche Charakterschauspielerin und Entertainerin, ein begnadetes Filmmonster.
Wir dürfen davon ausgehen, dass auch Bette Davis eitel war, aber ihr geradezu tollkühner Mut zur Hässlichkeit war nicht nur sportlich, er trug zu einem Vergnügen bei, das bis heute ohne Beispiel ist: die Schauer-Satire „Whatever Happened To Baby Jane“.
Die Selbstironie der Davis wird potenziert durch die völlig entgegengesetzte Haltung und Wirkung ihrer persönlichen Lieblingsfeindin, langjährigen Konkurrentin und Filmpartnerin Joan Crawford. Während diese tatsächlich glaubt, was ihre Filmfigur sagt (noch immer begehrenswert zu sein und ihre beste Zeit noch vor sich zu haben, wenn nur die Verhältnisse nicht so miesig wären), während sie weniger für das beträchtliche Leid bedauert werden will, das ihr auf der Leinwand angetan wird, sondern dafür, dass man ihr keine Mädchenrollen mehr gibt, wirft sich ihre Partnerin Bette Davis mit Gusto in die widrigen Verhältnisse und macht ein Fass auf. Beide Damen liefen mit diesem Film zum Horror-Genre über, was ihre Altersgenossinnen in Hollywood sonst tunlichst vermieden – dann schon lieber Fernsehen! Während Bette Davis nun auch in Werken wechselhafter Qualität immer Herrin der Lage blieb, versank die Crawford tiefer und tiefer in einem peinlichen Strudel aus Trash, Selbstmitleid und unfreiwilliger Komik. Ihr Spätwerk ist ein Monument der unermesslichen Tiefe, in die ein Star hinuntersinken kann, wenn seine Zeit vorüber ist und er sich dieser Wahrheit verweigert.
Der Filmkritiker Andrew Sarris unternahm nach dem Genuss von „Whatever Happened To Baby Jane“ die kluge Einordnung, hier sähe sich die ewige Film-Masochistin Crawford der ewigen Film-Sadistin Davis gegenüber. Wir sind die lachenden Dritten.
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