Zu schön, um große Kunst zu sein

betr.: 115. Geburtstag von Richard Addinsell

Richard Addinsell kam in Oxford zur Welt, wo er zunächst Jura studierte. Er wechselte zur Musik und zunächst zum Royal College Of Music in London, dann von 1929 bis ’32 nach Berlin und Wien. Naturgemäß erinnert sich niemand mehr an seine Theatermusiken und noch weniger an seine Arbeiten für das frühe Hörspiel. Selbst sein Wirken als Filmkomponist beschäftigt heute kaum noch die erklärten Fans dieses Genres, obwohl Addinsell einen wirklichen Klassiker in die Welt gesetzt hat: das „Warschauer Konzert“.
1941 entstand der britische Film „Dangerous Moonlight“, aus dessen Soundtrack
das einsätzige Klavierkonzert hervorging. Es wurde zum Symbol des polnischen Widerstandswillens gegen die deutschen Unterdrücker und war in kunstbeflissenen Kreisen nicht wohlgelitten: mit seinem eingängigen Hauptmotiv geriet es nach einer verbreiteten Meinung zu sehr in die Nähe der Unterhaltungsmusik. Der „Radio Times Movie Guide“ von 2014 schmäht die Komposition als „ultra-corny“ und verreißt auch den Film über einen verliebten Pianisten in Kriegszeiten als „dröge“ und „nicht gerade gut inszeniert“.

Ungeachtet dessen wurde das „Warsaw Concerto“ auch im Konzertsaal gespielt.
Knapp 40 Jahre später nutzte der Pianist und Filmmusiker Roy Budd dieses Klavierthema für „The Sea Wolves“: eine Truppe alter und mittelalter Hollywoodstars – unter ihnen der amtierende Bond-Darsteller Roger Moore – gewinnt mit flotter Action und ironischen Untertönen noch einmal den Zweiten Weltkrieg. Addinsells Melodie, die man jahrelang nur als partiturgetreue Neueinspielung auf Samplern gehört hatte, erwies sich als poppig interpretierbar und wurde im Abspann sogar von Matt Monro gesungen.

Eine ähnlich effektvolle Musik schrieb Richard Addinsell für einen anderen selten gezeigten Film: „Under Capricorn“, Hitchcocks arg gefloppten einzigen historischen Kostümfilm. Dank der Popularität des Regisseurs, kam es 1993 zur immerhin zur Einspielung einer „Capricorn“-Suite auf einem Sampler zu dessen Ehren.

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