Von Mopsy-Möpsen und Menschen

betr.: 17. Todestag von Hans Paetsch

Für die jungen Hörspiel-Freunde der 70er Jahre hieß Winnetou mit bürgerlichem Namen nicht Pierre Brice sondern Konrad Halver. Der war nicht nur ein vielbeschäftigter Sprecher, sondern auch ein fleißiger Hörspielautor und –produzent bei der EUROPA. Eines seiner bevorzugten Betätigungsfelder waren die seinerzeit so beliebten Literaturklassiker-Bearbeitungen. Mit dem halbstarken Helden „Mopsy Mops“ und seinem Kosmos setzte er 1970 einen eigenen Charakter in die Welt, der in vier „Comic-Hörspielen“ auf Langspielplatte seine irren Abenteuer erlebte. Diese waren irgendwo zwischen „Fix und Foxi“ und „Jerry Cotton“ angesiedelt. Konrads Standing in der Hörspielszene bescherte ihm jedesmal eine Traumbesetzung – zu der auch der größte unserer Märchenerzähler, Hans Paetsch gehörte – und ein Publikum, aus dem später einige influente Unterhaltungskünstler hervorgegangen sind: Rocko Schamoni etwa, Hennes Bender oder Oliver Kalkofe, der immer wieder in Interviews auf den beglückenden Blödsinn aus der Halver-Werkstatt zu sprechen kam.
In den späten Jahren produzierte Konrad Halver in seinem „Graceland-Studio“ im Hamburger Logenhaus und wurde dort regelmäßig von Fans und jungen Kollegen besucht, gefeiert und von der Arbeit abgehalten. Seine letzte Serien-Rolle war der Kiez-Bulle „Kommissar Dobranski“, der seine Fälle auf schlecht vertriebenen Hörspiel-CDs und gut besuchten Live-Hörspiel-Events zu lösen hatte. Diese Shows vergrößerten die Gemeinde derer, die sich um den alten Ober-Indianer scharten und ihm einen sehr geselligen Lebensabend bereiteten.

Mopsy (4)-(5)Das letzte der klassischen „Mopsy-Mops“-Alben (mit Zeichnungen von Karl Feldtmann) (Paradiso 1981) und die Reloaded-Folge # 5 (Cover: Adrian Keindorf) (Hierax Medien 2011)

In der „Dobranski“-Zeit in den Nullerjahren wurde immer häufiger der Wunsch an Konrad herangetragen, Mopsy Mops wiederzubeleben. Der gute Wille war da, und auch der Humor des Meisters hatte sich erhalten, aber Konrad war – nichts für ungut – kein Selbstorganisationstalent, und seine Bemühungen führten nicht zum Verfertigen eines Hörspielskripts sondern nur zu einer Unzahl von Ideen, die einander ins Gehege kamen – und das auch nur in seinem Kopf und nicht in schriftlicher Form. So traten er und sein Tonmeister Marko Peter Bachmann, der das „Graceland-Studio“ wieder richtig flottgemacht hatte, mit der ehrenvollen Bitte an mich heran, das fünfte Abenteuer von „Mopsy Mops“ zu schreiben und parodistisch als Erzähler für den verstorbenen Hans Paetsch einzuspringen. Da man schon eine Weile auf Konrads Buch gewartet hatte und nun das Weihnachtsgeschäft 2010 nicht verpassen wollte, bat man mich, die Sache in drei Wochen zu erledigen. Zum Glück hatte man mir zuvor schon ein paar Andeutungen gemacht, so konnte ich „Mopsy Mops und die große Laberhirni-Verschwörung“ ausbaldowern und rechtzeitig abliefern.

Darin belauschen Mopsy und Peky, die beiden Lausejungs aus Hundeweiler, auf einem Schulausflug ins neue Hochsicherheitsgefängnis Pitbull-Prison die Ausbruchspläne der Ganoven Baller-Otto und Stoff-Ede. (Die beiden bösen Maulwürfe waren schon früher mit von der Partie.) Noch jemand hört mit, und der entkommt gleich als erster, als die große Fluchtsause steigt: der derangierte Psychiater Dr. Laber-Leffzinger (Oliver Kalkofe).
Da man die Warnungen der beiden aufgeweckten Welpen für die Produkte einer blühenden Fantasie hält – sie sind Dobranski-Hörspiel-Fans! – wächst Gras über das Entkommen der drei Verbrecher.
Wochen später gelangt Mopsy durch Zufall in den Besitz einer Gratis-Karte für einen exklusiven Billard-Saloon. Diese entpuppt sich als Einladung zu einem großen unterirdischen Gangstertreffen, auf dem Dr. Laber Leffzinger sich zum König der Unterwelt aufschwingt.
Erneut glaubt niemand Mopsys Warnungen, und so versinkt Hundeweiler in einem Strudel der Ruch- und Gesetzlosigkeit. Jetzt kann nur noch einer helfen: der schwerreiche Schoko-Osterhasen-Fabrikant Sir Henry, der geheimnisvolle Onkel der kleinen Köter.
In einer verlassenen Hundespielzeugfabrik kommt es zur entscheidenden Schlacht und zur Enthüllung von des Doktors abscheulichem Geheimnis …

Konrad und Marko nutzten nun ihr Netzwerk, um ein angemessen illustres Ensemble in der Hamburger Sprecherszene zusammenzutrommeln – rund um die schon genannten alten Fans sowie sie selbst als Mopsy und Peky. Zwei Dinge entschädigten mich fürstlich für die Hektik des Schnellschreibens (aus der rechtzeitigen Veröffentlichung zu Weihnachten wurde selbstverständlich nichts), und das war die Besetzung des Onkel Henry mit meinem Wunschdarsteller Robin Brosch und das großzügige Angebot der Hersteller, meine recht umfangreich geratene Geschichte nicht kürzen zu müssen, sondern ein Doppelalbum daraus zu machen.

Seit dieser Produktion ist viel weniger Zeit vergangen als zwischen den „Mopsy Mops“ Folgen 4 und 5, aber Ober-Indianer Konrad und Regisseur / Tonmeister Marko sind dem großen Hans Paetsch inzwischen in die Ewigen Jagdgründe gefolgt (und nicht nur sie …). Das gilt auch für „Mopsy Mops und die große Laberhirni-Verschwörung“, denn weder sie noch die CD-Souvenir-Box mit allen fünf Abenteuern schaffte es in Strom der Vertriebswege. Die einzigen alten Mopsy-Fans, die das Revival überhaupt mitbekommen haben, dürften jene sein, die daran mitwirkten.

Details zu Produktion und Besetzung finden sich auf https://www.montyarnold.de/vita/media/2012-2010/

Infos und Credits zu sämtlichen Folgen als PDF: Die Mopsy Mops-Reihe

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