„Im Visier“ – Zeichnungen und Adaption: Jacques Tardi, nach der Erzählung „La position du tireur couché“ von Jean-Patrick Manchette, Futuropolis 2010, deutsch 2011 bei Edition Moderne, Übersetzung: Stephan Pörtner
Jacques Tardi, Jahrgang 1946, ist einer der bekanntesten Comiczeichner Frankreichs. Das Feuilleton feiert ihn vor allem für seine historischen Arbeiten, für Comics, die die beiden Weltkriege thematisieren. Zugegeben: zum Tardi-Bewunderer wurde ich bei einem seiner Krimis, und es war nicht einmal einer um den (unabhängig von Tardi) berühmten Ermittler Nestor Burma.
Der Held von „Im Visier“ ist ein bedeutungsloser Killer. Er wird uns genauso präsentiert wie die hartgesottenen Schnüffler des Film Noir: mit all den Raubeinigkeiten, die einem Killer oder Private Eye gleichermaßen gut anstehen, aber auch versehen mit einem diffusen Charme, den wir uns zu keiner Zeit so recht erklären können. Dieser Charme hält uns bei der Stange und lässt uns um den Helden bangen – und dazu ist reichlich Gelegenheit. Dass dieser Martin Terrier, der unter falschem Namen für den finsteren Mr. Cox tätig ist, zu Beginn der Geschichte aus dem Killerberuf aussteigen möchte, kann in diesem Zusammenhang nicht entscheidend sein. Dieses Thema ist so häufig bearbeitet worden, dass es inzwischen ein eigenes Genre bildet. Hin und wieder wird Terrier etwas rührselig, aber andererseits ist er auch ziemlich plump. Er muss auch ohne das schöne Gesicht des „eiskalten Engels“ Alain Delon auskommen, mit der Stoff bereits verfilmt wurde. Der Vergleich mit „Rattennest“ ist nicht unpassend. Er wird im Vorwort heraufbeschworen – das ist ein Kultfilm des schwarzen Kriminalfilms mit einem besonders fiesen, rüpelhaften Helden.
Vielleicht ist es gar nicht Terrier, der uns so fesselt, vielleicht ist es der Zeichner. „Im Visier“ spielt im matschigen Winter, und wie Tardi das eisige Schietwetter abbildet, ist bemerkenswert. In Schwarzweißzeichnungen und ohne viele Schraffuren oder gar Raster zu bemühen, lässt er jedes Gebäude, jeden Straßenzug, jedes Waldstück klamm und ungemütlich aussehen. Irgendwie spürt man das sogar in geschlossenen Räumen. Seine Bilder schrecken zwar vor keiner Brutalität zurück, aber da sind wir aus anderen Medien ja durchaus Schlimmeres gewohnt.
„Im Visier“ beruht auf einer Erzählung von Jean-Patrick Manchette, mit dem Tardi auch „Griffu“ gemacht hat, das einzige Original-Comic-Szenario des Autors.