Der Ur-Ur-Urfaust

betr.: 173. Jahrestag der Premiere von „La damnation de Faust“

Wir haben uns angewöhnt, Johann Wolfgang von Goethe als Schöpfer des „Faust“-Stoffes anzunehmen. In der Tat wurde er schon zu Martin Luthers Zeiten mündlich weitergegeben. 1578, nicht lange nach dessen Tod,  gibt der Frankfurter Buchhändler Johann Spies die „Historia von Dr. Johann Faustus“ heraus, die Geschichte von einem Schwarzkünstler, Magier und Respektlosen, der die Religion in Frage stellt, weil er mehr wissen will als die Bibel weiß. Um dieses Ziel zu erreichen, schreckt er nicht einmal davor zurück, seine Seele an den Teufel zu verkaufen. Und dafür muss er schließlich zur Hölle fahren, dieser Dr. Faust.

Von nun an wird dieser Charakter die Dichter nicht mehr loslassen. Faust entwickelt sich zum Mythos, der in jeder Epoche einen zeitgemäßen Stempel bekommt. Als Goethe sich seiner annimmt, existiert beispielsweise bereits eine Bühnenfassung von Christopher Marlowe, der Faust als selbstbewussten, wissbegierigen Gelehrten zeichnet. Ab dem 18. Jahrhundert fangen auch die Komponisten an, sich für Faust zu interessieren, und sie betonen das romantische Element, das in einer der letzten literarischen Bearbeitungen Eingang in das Konzept gefunden hat.

1808 veröffentlicht Johann Wolfgang von Goethe seinen „Faust I“, die sogenannte „Gretchentragödie“. An „Faust II“ arbeitet er noch. Von Goethes Sekretär wissen wir, wie sehr der Weimarer Geheimrat an einer Vertonung seines Dramas interessiert ist. Nachdem bereits einige Schauspielmusiken zu diesem Thema vorgelegt worden sind, wünscht er sich eine Opernfassung. Doch Goethe ist sich über die Delikatesse dieses Wunsches in Klaren, findet er den Stoff doch selbst stellenweise abstoßend, widerwärtig, furchtbar – und das entspricht nicht dem Zeitgeschmack des Opernpublikums.Die bis heute viel gespielte Faust-Oper von Hector Berlioz kam auf Umwegen zustande.

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