betr.: 78. Geburtstag von Michael York
Michael York gehört zu den Schauspielern, die – obwohl es weitaus bedeutendere gibt als sie – über ein Alleinstellungsmerkmal verfügen. Es ist ein sehr spitzfindiges Alleinstellungsmerkmal, aber es kam mir wieder in den Sinn, als ich dieses Foto in den Lebenserinnerungen des Kameramannes Christopher Challis entdeckte:
Zwei Jungs auf einem Boot – brave, pullovertragende Kerle in Küstennähe an einem Sommertag, keine Seebären, die den Elementen trotzen müssen – das ist ein Motiv, das (vielleicht nicht nur mir) eine Reihe wohliger Gefühle bereitet.
Die beiden scheinen sich in den Ferien zu befinden, und es ist vermutlich genau zehn Minuten nach drei, die schönste Zeit des Tages.
Der Junge rechts ist dieser Michael York, der den Filmfreunden (bzw. Fernsehkuckern) meiner Generation erstmalig als Brian in dem Musical „Cabaret“ begegnet ist. Ich weiß heute, dass ich mit dem Effekt, den das auf mich hatte, nicht allein war – deshalb sei er kurz beschrieben: der hübsche und an seiner Homosexualität leidende Ausländer im Berlin der zuendegehenden Weimarer Republik (dem Inbegriff des dampfenden Großstadtdschungels) hat nur den einen Fehler, an seiner Homosexualität zu leiden. Auch wer weniger hübsch war als er, konnte sich damit identifizieren. Vielleicht ja auch, wer weniger schwul war.
1978 – im Jahr, da dieses Foto entstand – spielte Michael York sich selbst in dem Billy-Wilder-Spätwerk „Fedora“. Eine Junge Frau, die fälschlicherweise für eine legendäre Filmdiva gehalten wird, darf sich den Partner für ihren nächsten Film wünschen, ihr Comeback. Wenn sie sich sofort für Michael York entscheidet, könnte das daran liegen, dass sie ihn ebenfalls in „Cabaret“ gesehen hat.
Der andere Junge auf dem Boot ist übrigens Simon MacCorkindale, der – wiederum 1978 – seinen größten Filmauftritt hatte: eine kleine Rolle im Ensemblefilm-Klassiker „Tod auf dem Nil“. Ich sah ihn bald darauf sekundenlang als Innenausstatter im „Denver-Clan“ – und das war es dann auch.
Er sah fabelhaft aus, hatte allerdings eine wahnsinnig ausladende Mimik – vielleicht ist er deshalb nicht größer durchgestartet. Jedenfalls passt er wunderbar zu Michael York und auf dieses Bild.