Wer macht Dada?

betr.: 94. Todestag von Hugo Ball

Der Dadaismus ist eine Kabarettströmung, die noch immer gepflegt wird, ohne dass sich ihre Heroen absichtlich dazu entschließen oder sich notwendigerweise dessen bewusst zu sein. Ich würde Helge Schneider als ihren konsequentesten und witzigsten Vertreter bezeichnen, Rainald Grebe als einen weiteren. Wenn ich etwas für Wigald Boning übrig hätte, würde ich ihn wohl auch dazurechnen.
Fest steht: die Gründungsfeier dieser Kunst war die Eröffnung des „Cabaret Voltaire“ in Zürich durch den in die Schweiz emigrierten deutschen Dichter und Regisseur Hugo Ball am 5. Februar 1916, der Name für das neue Phänomen war aber noch nicht gefunden. Das Lokal sollte zunächst einfach ein Treffpunkt für Gleichgesinnte sein, für Intellektuelle, die etwas zum Programm beitragen konnten. Am Morgen nach dem Ereignis notierte Hugo Ball: „Das Lokal war überfüllt. Viele konnten keinen Platz mehr finden. Gegen sechs Uhr abends, als man noch fleißig hämmerte und futuristische Plakate anbrachte, erschien eine orientalisch aussehende Deputation von vier Männlein, Mappen und Bilder unter dem Arm, vielmals diskret sich verbeugend. Es stellen sich vor: Marcel Janco, der Maler, Tristan Tzara, Georges Janco und ein vierter Herr, dessen Name mir entging. Arp war zufällig auch da, und man verständigte sich ohne viel Worte.“ Wenige Tage später kam Richard Huelsenbeck aus Berlin auf der Flucht vor dem drohenden Einberufungsbefehl dazu. Er rezitierte Texte und schlug dazu die Trommel. Der Bildhauer Hans Arp erinnerte sich später: „Das Publikum um uns schreit, lacht und schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. Wir antworten darauf mit Liebesseufzern, mit Rülpsen, mit Gedichten. Huelsenbeck schlägt unaufhörlich die Pauke, während Ball, kreideweiß wie ein gediegenes Gespenst, ihn am Klavier begleitet.“
„Ein undefinierbarer Rausch hat sich aller bemächtigt“, freute sich Hugo Ball. „Das kleine Kabarett droht aus den Fugen zu gehen und wird zum Tummelplatz Verrückter.“ Zur neuen Strömung hier nur noch so viel: „Indem man Dada sagte, sollte alles Nette und Adrette, alles Gezierte und Vermoralisierte verschwinden!“

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