Der Lauf der Zeit bringt es mit sich, dass immer häufiger Leute pensioniert werden, die man persönlich oder dem Namen nach kennt. Ich schüttle mich dann jedesmal – reflexartig.
Die Idee, in Pension zu gehen, finde ich (der ich auf Ämtern seit jeher „Freier Autor“ ins Kästchen eintrage) ganz grauenvoll – unabhängig davon, wie sehr ich die Idee des Alterns an sich – mal mehr, mal etwas weniger – grauenvoll finde.
Mein junger Freund und Kollege Fritz Schaefer verblüffte mich mal mit dem Hinweis, er hätte gar nichts dagegen, seine kreative Arbeit für sich ganz allein zu machen. Er brauche weder einen Auftraggeber noch ein Publikum dafür. Wir beide stellten uns ihn dann auf einem Grundstück in Südfrankreich vor, ein Bild malend. Und auf dem Nachbargrundstück spukte Erik Ode in seiner Ur-Altersrolle in „Sonne, Wein und harte Nüsse“ …
Ganz so ist es bei mir nicht. Zugegeben: mein Wunsch, nie pensioniert werden zu müssen – was ich als freischaffender Künstler ja gottlob tatsächlich nicht muss – beruht auf zwei unbescheidenen Hoffnungen: dass ich bis zuletzt fit genug bleibe, um arbeiten zu können und dass ich weiterhin so gefragt bin, dass ich bis zuletzt auch arbeiten soll. Mir würde das Fehlen eines Publikums (es muss ja kein großes sein) wohl den Boden unter den Füßen wegziehen.
Aber hundertprozentig kann ich es auch wieder nicht wissen.
Das fiel mir auf, als ich kürzlich ein Interview mit der 81jährigen Schriftstellerin Monika Maron las: „Ich habe viele Freunde, die Freiberufler sind, die können sich das Altern überhaupt nicht leisten und bleiben darum länger zwar nicht jugendlich, nicht jung, aber doch sie selbst. Und andere, die in Rente sind, mit denen man früher genauso geredet hat wie mit besagten Freunden, erzählen einem plötzlich nur noch von ihren letzten Reisen und über irgendwelche bildungsbürgerlichen Aktivitäten.“ – Tirili, dachte ich, dieses Interview handelt von dir! Außerdem freute ich mich für Frau Maron, dass die einrostenden ihrer Freunde nicht nur über Krankheiten mit ihr reden wollen.
Doch dann ging’s weiter: „Werden Sie für immer arbeiten?“ – „Was sonst? Es ist eine Frage der Existenz. Das ist für mich das Schrecklichste, dass ich schreiben muss bis zum letzten Atemzug, auch wenn ich schon blöd bin im Kopf oder niemand mehr lesen will, was ich schreibe.“ Die Reporterin versuchte, eine Lanze für mich zu brechen: „Meistens ist die Argumentation von Schriftstellern genau andersherum: Sie können nicht leben, ohne zu schreiben.“ – „Ich würde gerne rausfinden, was ich täte, wenn ich nicht mehr schreiben müsste. Ich würde mich wahrscheinlich langweilen, aber ob ich nur schreibe, wenn am Ende auch ein verkäufliches Buch entsteht oder ob ich auch nur ganz ungeniert vor mich hinschreiben würde – das werde ich wohl nicht herausfinden.“
-
Neueste Beiträge
Neueste Kommentare
- Christian Görgen bei Das 13. Kapitel
- montyarnold bei Das 13. Kapitel
- Christian Görgen bei Fast so schwer wie Trompete spielen …
- Christian Görgen bei Das 13. Kapitel
- Christian Görgen bei Was ist Fahrstuhlmusik?
Archive
- April 2024
- März 2024
- Februar 2024
- Januar 2024
- Dezember 2023
- November 2023
- Oktober 2023
- September 2023
- August 2023
- Juli 2023
- Juni 2023
- Mai 2023
- April 2023
- März 2023
- Februar 2023
- Januar 2023
- Dezember 2022
- November 2022
- Oktober 2022
- September 2022
- August 2022
- Juli 2022
- Juni 2022
- Mai 2022
- April 2022
- März 2022
- Februar 2022
- Januar 2022
- Dezember 2021
- November 2021
- Oktober 2021
- September 2021
- August 2021
- Juli 2021
- Juni 2021
- Mai 2021
- April 2021
- März 2021
- Februar 2021
- Januar 2021
- Dezember 2020
- November 2020
- Oktober 2020
- September 2020
- August 2020
- Juli 2020
- Juni 2020
- Mai 2020
- April 2020
- März 2020
- Februar 2020
- Januar 2020
- Dezember 2019
- November 2019
- Oktober 2019
- September 2019
- August 2019
- Juli 2019
- Juni 2019
- Mai 2019
- April 2019
- März 2019
- Februar 2019
- Januar 2019
- Dezember 2018
- November 2018
- Oktober 2018
- September 2018
- August 2018
- Juli 2018
- Juni 2018
- Mai 2018
- April 2018
- März 2018
- Februar 2018
- Januar 2018
- Dezember 2017
- November 2017
- Oktober 2017
- September 2017
- August 2017
- Juli 2017
- Juni 2017
- Mai 2017
- April 2017
- März 2017
- Februar 2017
- Januar 2017
- Dezember 2016
- November 2016
- Oktober 2016
- September 2016
- August 2016
- Juli 2016
- Juni 2016
- Mai 2016
- April 2016
- März 2016
- Februar 2016
- Januar 2016
- Dezember 2015
- November 2015
- Oktober 2015
- September 2015
- August 2015
- Juli 2015
- Juni 2015
- Mai 2015
- April 2015
- März 2015
- Februar 2015
- Januar 2015
- Dezember 2014
- November 2014
- Oktober 2014
- September 2014
Kategorien
- A Portrait Of Hitch“
- Allgemein
- Belletristik (eigene Texte)
- Buchauszug
- Cartoon
- Cartoon (eigene Arbeiten)
- Chanson
- Checkliste
- Comic
- Comic (eigene Arbeiten)
- Essay
- Fernsehen
- Film
- Filmmusik / Soundtrack
- Gesellschaft
- Glosse
- Hommage
- Hörbuch
- Hörfunk
- Hörspiel
- Internet
- Kabarett und Comedy
- Kabarett-Geschichte
- Krimi
- Literatur
- Manuskript
- Marvel
- Medienkunde
- Medienphilosophie
- Mikrofonarbeit
- Monty Arnold – Biographisches
- Musicalgeschichte
- Musik
- Musik Audio
- Naturwissenschaften
- Noten
- Philologie
- Polemik
- Popkultur
- Portrait
- Quiz
- Ralf König
- Rezension
- Science Fiction
- Songtext
- Theater
- Übersetzung
- Übersetzung und Adaption