„So sind wir also doch von dieser Welt!“

betr.: das Hörbuch „Stoner“ steht ab heute vollständig zum kostenlosen Download in der ARD-Mediathek*

IIn der Weltliteratur ist es beinahe der Normalfall, dass der ganz große Erfolg zu spät kommt, um dem Autor persönlich noch vonnutzen zu sein. Insofern ist es nicht ohne Ironie, dass die Wiederentdeckung des Schriftstellers John Williams im vergangenen Jahr vom Feuilleton wie ein Geschenk zum 100. Geburtstag begangen wurde – zu einem Zeitpunkt also, der dem Jubilar zwangsläufig keine Befriedigung mehr verschafft. Wenn man das wiederentdeckte Werk kennenlernt, den autobiographisch gefärbten Roman „Stoner“ von 1965, wird die Ironie noch bitterer. Es ist nicht so, dass „Stoner“ seiner Zeit voraus gewesen wäre, was die seinerzeitige Missachtung immerhin erklären würde. Er ist schlicht wahr und zeitlos. Er wurde sogar recht gut aufgenommen, allerdings sofort wieder vergessen, nachdem ihn nachrückende Novitäten verdrängt hatten.

„Stoners“ europäische Entdeckung setzte erst 2009 ein (15 Jahre nach dem Tod des Autors) und führte vier Jahre später zur deutschen Übersetzung von Bernhard Robben.
Die Lesung, die der mitproduzierende SWR bis zum heutigen Abend in 26 knapp halbstündigen Folgen ausgestrahlt hat, ist dem Text angemessen. Burkhard Klaußner interpretiert ihn sehr kühn. Er schauspielert ihn – ein Wagnis, das fast zwangsläufig schiefgehen muss. Hand aufs Herz: selbst wenn ein Vortragender über die nötige Finesse verfügt, einen Roman derart dynamisch und prall zu interpretieren – wozu nur die Allerwenigsten auf dem Parkett des Hörbuchs überhaupt in der Lage sind – fehlt es meistens an der nötigen Sorgfalt und der angemessenen Demut.
Klaußner durchdringt die Geschichte auf geradezu unheimliche Weise.
Das Ergebnis muss man gehört haben!

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* … und zwar noch bis zum  1. Februar    

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