Der Fehler im Gelassenheitsgebet

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

In seinem berühmten Gelassenheitsgebet hat der US-amerikanische Theologe Reinhold Niebuhr – wohl aus Gründen der sprachlichen Musikalität – einen kleinen Schönheitsfehler zugelassen, der den Text als praktische Anweisung in seiner Qualität beeinträchtigt.

Einmal stimmt die Reihenfolge nicht. Zunächst muss ich unterscheiden, erst dann kann ich ändern oder zulassen bzw. gelassen bleiben.
Weiterhin entlässt der Autor den Leser mit der weniger konkreten, der leichter verschiebbaren Anweisung (gib mir) „die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden“. – Darauf kann man warten bis zum Sankt Nimmerleinstag und sich also immer damit herausreden: leider hat Gott mir diese Weisheit bisher nicht gegeben. Der praktische Aufruf – das Ändern oder eben nicht Ändern – ist davon schon wieder überlagert worden. Dabei ist das doch die Aufgabe, die uns der Text stellen muss, will er als befolgt gelten dürfen.

Richtiger müsste es also heißen:

Gott, gib mir die Weisheit, zu unterscheiden, welche Dinge ich ändern kann und welche nicht, damit du mir auch die Gelassenheit schenken kannst,
zu ändern, was ich ändern kann,
und hinzunehmen, was von mir nicht zu ändern ist.

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