Zwischen den Festen

Auf einer Ratgeberseite in einem seriösen Printmedium wurde das Thema „leidige Verwandtenbesuche an hohen Feiertagen“ behandelt. Der Streit, der bei solchen Begegnungen automatisch ausbricht (wie der Artikel nahelegt und wie die beobachtende Erfahrung lehrt), beruht hauptsächlich darauf, dass die zu Besuch kommenden, längst erwachsenen Kinder mit den immergleichen  Sprüchen getriggert werden. Schon zur Begrüßung wird ihnen vermittelt: für mich bleibst Du immer minderjährig und unselbständig.

Die Psycho-Ratgeberin rät folgendes: „Man kann sich mental auf das nächste Treffen vorbereiten. Sagen wir, die Mutter fragt jedes Mal, wann man endlich ein Kind bekommt. Dann kann man sich vorher eine Antwort zurechtlegen wie: ‚Ich kann gut verstehen, dass du Enkel willst, und sobald es soweit ist, wirst du die Erste sein, die es erfährt.‘“

Wer solch einen Rat gibt, hat offensichtlich keine Familie (oder ist selbst diejenige, die solche Sprüche klopft wenn die eigenen Kinder zu Besuch kommen). Die vorgeschlagene Antwort ist vollkommen wirkungslos, denn das Ärgernis besteht ja darin, dass man in der beschriebenen respektlosen Weise behandelt wird, und das hat bereits stattgefunden, wenn man zu einer Antwort – welchen Inhalts auch immer – erstmalig ansetzt. Erfahrungsgemäß hören Personen, die in ihrem Sozialverhalten derart festgefahren sind wie die Mutter in unserem Beispiel, sowieso nicht zu wenn man antwortet (und wiederholen die selbe Frage bis zum dritten Weihnachtstag noch mehrmals).
Als ob dieser Tipp nicht schon schlimm genug wäre, fügt die Spezialistin noch hinzu: „Man sollte auch versuchen, Toleranz und Wohlwollen für sie zu zeigen. Man will selber doch auch toleriert werden.“

Am besten fasst man sich an die eigene Nase. Von seinen betagten Eltern irgendetwas zu erwarten, was sie bis zum vorigen Jahr noch nicht gelernt hatten, ist einfach weltfremd. Ich selbst habe mich inzwischen wahrscheinlich auch nicht geändert.
Das Beste ist: Weihnachten zu hause bleiben.

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