Der Song des Tages: „Strange Fruit“

betr.: 56. Todestag von Billie Holiday

Lange Zeit mußten schwarze Entertainer es hinnehmen, dass ihre Auftritte z.B. in Musicalfilmen so beschaffen waren, dass sie sich entfernen ließen, ohne eine merkliche Lücke zu verursachen. In den Südstaaten konnte dann die bereinigte Version des Films gezeigt werden. Auf diese Weise entging jenem Teil des Publikums die eine oder andere Glanzleistung, vermutlich nie eine größere als der unbeschreibliche Stepptanz der Nicholas Brothers in „Down Argentine Way“.

Aber auch im wirklichen Leben hatten diese Künstler Haarsträubendes zu erdulden. Stars wie Sammy Davis jr. oder Nat „King“ Cole durften die Hotels, in denen sie in Las Vegas als Top Acts auftraten, nicht durch den Vordereingang betreten. Berühmt wurde eine Geschichte, die Harry Belafonte einmal erzählte: „Wir fuhren mit dem Bus auf einer Tournee durch die USA, und es war mein erster Auftritt im Süden. An einer Haltestelle fragte ich schwarze Arbeiter nach der Toilette. Sie sagten, auf der Seite des Gebäudes, und ich ging hin. Ich wollte eben anfangen, da hörte ich eine Stimme, die sagte: ‚Wenn du einen Tropfen loslässt, bist du ein toter Nigger!‘ Ich drehte mich um uns sah den Sheriff der Ortschaft mit der Hand an der Pistole. Ich hatte das Hinweisschild ‚Nur für Weiße‘ übersehen.“

Ein Song, der diese Verhältnisse inhaltlich und durch seine Entstehungsgeschichte widerspiegelt, wurde von Billie Holiday gern als Schlußtitel im Café Society gesungen. Das war einer der wenigen Orte, an denen sich ein schwarzes Paar unter die weißen Gäste mischen konnte, ohne dass einer davon den anderen störte.
„Strange Fruit“ von Abel Meeropol fehlt bis heute auf den handelsüblichen Holiday-Samplern, und in der Tat ist er auf eine sehr unbehagliche Weise eindrucksvoll. Es war der erste Protestsong gegen die Lynchjustiz, und er brauchte die Verhältnisse nicht zu übertreiben.

Southern trees bare a strange fruit,
Blood on the leaves and blood on the root,
Black bodies swinging in the southern breeze,
Strange fruit hanging from the poplar trees.

Pastoral scene of the gallant South,
The bulging eyes and the twisted mouth,
Scent of magnolias sweet and fresh,
Then the sudden smell of burning flesh.

Here is a fruit for the crows to pluck,
For the rain to gather, for the wind to suck,
For the sun to rot, for the tree to drop,
Here is a strange and bitter crop.

Holidays Label Columbia war nicht bereit, diesen Titel zu publizieren – auch hier wird die Furcht vor der Südstaaten-Kundschaft eine Rolle gespielt haben. 1951 wurde er für Black Lion eingespielt. Billie Holiday hat ihn noch häufiger im Studio gesungen, so auch im britischen Fernsehen, kurz vor ihrem Tod.

Dieser Beitrag wurde unter Gesellschaft, Musicalgeschichte, Musik, Songtext abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert