betr.: Walt Disney’s „Aladdin“ in der Neuen Flora, Hamburg / Enrico De Pieri / Ethan Freeman
Heute erlebt „Aladdin“ in Hamburg seine europäische Bühnenpremiere, fast 25 Jahre nach der Filmversion und doch zu einem Zeitpunkt, da einem ein freundlicher Blick auf den märchenhaften Orient ganz gelegen kommt.
Es ist eine fabelhafte, hochamüsante Show – obwohl ich mir endlich mal wieder ein Live-Erlebnis (im Theater, in der Oper, im Kabarett, irgendwo) gewünscht hätte, in dem NICHT eine Anspielung auf „Atemlos durch die Nacht“ gemacht wird …
Aus der Besetzung ragen zwei Kollegen heraus, die Ihnen besondere Freude machen werden!
Da ist zunächst einmal Ethan Freeman, der als ein handelsüblicher Disney-Bösewicht auftreten muß, wie sie einem inzwischen zu den Mickymaus-Ohren herauskommen, wenn man sich häufiger Musicals oder eben Disney-Filme anschaut (aller angestrengten Selbstironie zum Trotz). Mr. Freeman verleiht seinem Großwesir eine vollmundige Würde, die diese Beschränkung vergessen läßt. Er macht beinahe eine Charakterrolle aus ihm, eine gestrauchelte Respektsperson, die irgendwann einmal an etwas geglaubt hat. Dabei wird er von Eric Minsk, der „komischen Nebenrolle“, zuverlässig unterstützt.
Die größten Erwartungen ruhen freilich auf dem Dschinni, der von Enrico De Pieri gespielt wird (zuletzt als Wiedergänger des jungen Kerkeling in „Kein Pardon – Das Musical“ zu sehen).
Was Enrico De Pieri hier leistet, ist umwerfend – und das wäre es bereits dann, wenn man außer beiseiteließe, dass er das nun achtmal pro Woche wird leisten müssen. Scheinbar mühelos umschifft er die Gefahr, aus dem schwatzhaften Konfettischmeißer aus der Wunderlampe (der immerfort als „Flaschengeist“ bezeichnet wird) eine Art Tony Marshall auf Autopilot zu machen. Er ist im Wortsinne liebenswert, geht einem niemals auf den Nerv, wirkt allezeit warmherzig, zugänglich und lebensecht – und das ist eine Qualität, die ich im Trickfilm stets vermißt habe.
Er schafft es auch, der Figur jene Prise Gaiety mitzugeben, die ihr und einem gutgelaunten Theaterabend insgesamt so wohltut.
Das vielleicht Verblüffendste daran ist, dass man als Kenner dieses Künstlers nicht im Mindesten überrascht ist, etwas so beinahe Unmögliches wahr werden zu sehen.
Es ist vielleicht tatsächlich ein bißchen Hexerei im Spiel.