Die Last mit dem Lachsack

betr.: 96. Geburtstag von Tony Randall

Vor einigen Tagen geschah etwas, was ich eigentlich vermeiden wollte: ich geriet in eine Folge der Serie „The Odd Couple“ hinein – in das aktuelle CBS-Remake der klassischen TV-Serie aus den 70er Jahren, die bei uns unter dem Titel „Männerwirtschaft“ zu sehen war. „Männerwirtschaft“ hatte seinerzeit die undankbare Aufgabe, die Magie der Ur-Interpreten des klassischen Bühnen- und Kinovorgängers von Neil Simon vergessen zu machen: Jack Lemmon als pingelinger Hypochonder Felix und Walter Matthau als schlampiger Sportreporter Oskar, dem die Wohnung gehört, in der die beiden nun zusammenleben. Das ist Tony Randall und Jack Klugman immerhin so gut geglückt, dass die Reihe fünf Jahre lang erfolgreich lief. (Ich persönlich mochte die Zweitbesetzung sogar lieber, trotz meiner Verehrung für Jack Lemmon.)
In der deutschen Fassung funktionierte die Serie auch, und dafür waren zwei Aspekte wichtig: die Bearbeitung durch den gewieften Blödel-Profi Rainer Brandt, der auch Tony Randall sprach, und die Tatsache, dass man sich entschied, auf das Hinzufügen von Konservenlachern zu verzichten. Diese Unsitte hatte sich im deutschen Fernsehen noch nicht durchgesetzt, obwohl das Original bereits verlacht war.

In den 80ern machte die US-amerikanische Sitcom bei uns richtig Furore. Das Tonband-Gelächter hielt auch hier Einzug, und in Serien mit anständiger Pointendichte konnte man sich irgendwie dran gewöhnen – zumal Highlights des Genres wie „Golden Girls“ oder „Eine schrecklich nette Familie“ ja auch in offensichtlichen Studiokulissen produziert wurden und die gleichzeitige Anwesenheit eines Publikums irgendwie ins Bild paßte.
Inzwischen hat sich das gründlich überlebt. Spätestens seit „Seinfeld“ – dessen Abenteuer abgesehen von den Comedy-Club-Sequenzen zu Beginn jeder Folge an schnell wechselnden unterschiedlichen Schauplätzen abliefen – erweckte das lieblos hinzugemischte Gedöns den Eindruck des Tuschs bei einer Kappensitzung, dort eine unentbehrliche Hilfe für das angeheiterte und ohnehin nicht sehr aufmerksame Saalpublikum, um die müden Kalauer in der Bütt nicht zu versäumen.

Nun sind wir also in der Gegenwart angekommen, und die Lachschleife läuft und läuft. In Privatgesprächen sagt mir jeder, ihm / ihr ginge das schrecklich auf die Nerven, aber niemand beim Deutschen Fernsehen würde es wagen, etwas anders zu machen, als es alle anderen tun. Die Verantwortlichen schämen sich aber ganz offensichtlich, denn inzwischen ist das Geräusch deutlich leiser hineingemischt – gerade noch laut genug, um ein Gefühl der Belästigung auszulösen.
Die gute Nachricht: im Falle von „The Odd Couple“ (The Remake) kann das keinen Schaden anrichten.

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