betr.: 68. Geburtstag von Jürgen von der Lippe
Das Sauna-Chanson von Jürgen von der Lippe ist schon an und für sich eine fabelhaft komische Nummer – wie gewohnt überaus spitzfindig, dabei volkstümlich und zum Schieflachen. Das gehört bei diesem Künstler dazu und ist eigentlich nicht der Rede wert. Sobald der Meister es jedoch live vorträgt, wird aus „Aufguss 09“ dennoch etwas ganz Besonderes. Er spielt dann auf dem Publikum ebenso souverän wie auf seiner Gitarre.
Viele Nummern fordern das Publikum zum Mitmachen auf. (Ich finde das gruselig – und stehe damit nicht allein, wie mir der köstliche Aufsatz „Ich spiele nicht mit“ von Georg Hensel bestätigt.) Auch Jürgen von der Lippe tut das bei diesem Lied, aber es ist eine große – einvernehmliche – Verarsche.
Natürlich setzt es die üblichen Ermahnungen – „Deutlicher bitte!“, „Ich hör dichnich!“ oder Ähnliches, aber diesmal ist alles anders.
Jürgen von der Lippe stellt dem Publikum unlösbare Aufgaben (das Mitsingen eines zungenbrecherischen Kehrreims), gewährt ihm dann gnädig eine ausführliche Übungsrunde (woraufhin die Aufgabe plötzlich annähernd lösbar erscheint) und hat dann auf jede Reaktion, alle gesanglichen Betriebsunfälle im Saal, die er sämtlich präzise vorausberechnet hat, eine wiederum saukomische weil entlarvende und gleichsam entwaffnende Antwort. All diese Frechheiten fühlen sich vollkommen spontan an – eine Sternstunde des Charakterschauspiels – obwohl alle gemeinsam wissen, was hier gespielt wird.
Es gibt viele Songs in der Kabarett-, Comedy- und Liedermacherszene, in denen so etwas versucht oder mit einigem Geschick durchgeführt wird, aber niemals wurde ich als Zuschauer so unweigerlich zum willigen Teil eines Gesamtkunstwerkes, als es hieß: „Alle mitmachen!“