Der Song des Tages: „Some Other Time“

betr.: 98. Geburtstag von Leonard Bernstein

Nach allgemeiner Einschätzung erkennt man die Qualität eines Autors daran, was er wegwirft. Das Bild ist etwas unrund, denn erstens geht es hier um einen Komponisten, und zweitens hat nicht er selbst es weggeworfen – es wurde von Dritten bei der Adaption seines Werkes von der Bühne zur Leinwand ausgelassen, eine der schönsten Balladen der Musical-Literatur: „Some Other Time“ aus dem Welterfolg „On The Town“. Sogar der Regisseur des besagten Films hat das bedauert.

Wenn ein Broadway-Musical verfilmt wird, wird das Repertoire fast immer verändert. Einige Songs werden hinzugefügt, z.B., um sich bei der Oscar-Verleihung bewähren zu können, die einen Originalsong vorscheibt, andere fliegen raus, da Shows im Durchschnitt länger sind und zumeist eine größere Songdichte haben* – und natürlich, um den neuen Titeln Platz zu machen.
Produzent Arthur Freed verfügte für die MGM-Version von Leonard Bernsteins „On The Town“ besonders viele Abweichungen, darunter der Novelty Act „I Can Cook, Too“ – der berühmt gewordene Brunftschrei einer sexbesessenen Manhattan-Insulanerin – und das Finale „Some Other Time“, in dem die drei Matrosen ihren Landgang in New York beenden und sich und ihre neuen Damenbekanntschaften auf das sprichwörtliche andere Mal vertrösten.
In der Bühnenfassung rührte diese Nummer das Publikum auch deshalb zu Tränen, weil sie auf den gerade tobenden Zweiten Weltkrieg anspielte, in den die drei fröhlichen Helden einrücken mußten.
Als der Film herauskam, war dieses Problem ausgestanden – was den Song nicht schlechter macht.

Im Internet kursiert eine Version von Michael C. Hall, der sich mit diesem Song in der Serie „Six Feet Under“ beim schwulen Chor von Los Angeles bewirbt.
Die Youtube-Montage bebildert die Aufnahme mit blutrünstigem Material aus Halls nächstem TV-Einsatz als „liebenswerter Serienmörder“ „Dexter“. Erneut tut „Some Other Time“ seine Pflicht als effektiver Theatersong.

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