Die schönsten Filme, die ich kenne (49): „Match Point“

Remakes geraten künstlerisch fast immer überflüssig, oftmals sogar ärgerlich. (Aber Wiederholungen sind unvermeidlich in einer Zeit, da sich Hollywood selbst beim Entwickeln neuer Geschichten im Weg steht.) Umso heller leuchten die wenigen Ausnahmen: George Clooney und sein Rat Pack waren viel amüsanter als Frank Sinatra und seines in „Ocean’s Eleven“, und selbst die immer noch flotte Groteske „It’s A Mad, Mad, Mad, Mad World“ verblasst schier vor der Nacherzählung von 2001.
Woody Allens Drama „Match Point“ muss sich gegen ein besonders edles Melodram von 1951 behaupten: „Ein Platz an der Sonne“. Das gelingt ihm geradezu anstrengungslos.

Der Ire Chris Wilton, ein junger Tennislehrer von bescheidener Herkunft, wittert die Möglichkeit, auch ohne Meistertitel in die Upper Class aufzusteigen. Die Anstellung in einem der nobelsten Tennis-Clubs in London ist der erste Schritt. Dort freundet er sich mit Tom Hewett an, dem Sprössling einer reichen Familie. Tom lädt ihn zu seinen Eltern ein, wo Chris gleich zwei junge Damen kennenlernt: Toms Schwester Chloe und seine Verlobte Nola Rice. Während Chris durch seine Annäherung an Chloe dem ersehnten Aufstieg näherkommt, fühlt er sich unwiderstehlich zu Nola hingezogen. Als er in die Familie Hewett einheiratet, ist er seiner faden Partnerin längst überdrüssig.
Obwohl Nola Tom heiratet, leistet sie sich mit Chris eine obsessive Affäre. Als sie ein Kind von Chris erwartet, sieht der nur einen Ausweg: er muss sich seiner Traumfrau entledigen …

Genaugenommen ist „Match Point“ weniger ein Remake als die abermalige Verfilmung der gleichen literarischen Vorlage „An American Tragedy“. Als Kenner beider Filme kann man dennoch nicht umhin, die beiden männlichen Hauptdarsteller zu vergleichen. Montgomery Clift galt nicht nur als der schönste und rebellischste Mann in Hollywood, er war außerdem ein wirklich guter Schauspieler. Doch was der ungleich abgründigere Jonathan Rhys-Meyers in der neuen Version leistet, ist schlichtweg unübertrefflich. Die Kamera lässt ihn bei der penibel geplanten Ermordung seiner Geliebten nicht aus den Augen. In seinem zerquälten Gesicht spiegeln sich die Furcht vor Entdeckung, die emotionale Überforderung damit, einen einstmals geliebten Menschen zu töten und die Ahnung, dass ihn das Leben, um das er hier kämpft, längst fürchterlich langweilt. Während er die Tat verübt, erscheint er uns als der Inbegriff der gepeinigten Kreatur.

Woody Allen hat diese mitleidslose Parabel genauso sorgfältig ausgetüftelt, wie er das sonst mit seinen Komödien tut. Mit 70 hat er seinen düstersten Film gedreht – obwohl er eine tiefsinnige Bergman-Phase hinter sich und an anderer Stelle auch schon mit Mordgeschichten und Horror-Elementen gespielt hatte. Dieser Regisseur, der grundsätzlich von der Umsetzung seiner eigenen Drehbücher enttäuscht ist – mindestens einen fertiggestellten Film hat er vernichtet und komplett neu gedreht – war angeblich mit „Match Point“ zufrieden. Ausnahmsweise. Und zu recht.

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