Der enteierte Großmeister

betr.: 30. Todestag von Roald Dahl

An Roald Dahl wird sich heute vor allem wegen der unkonventionellen Kinderbücher erinnert, die lediglich den letzten Teil seines Werkes bilden. Zunächst hatte er seine selbst erlebten Fliegergeschichten aus dem Krieg veröffentlicht, dann schrieb er die unerreichten makabren Short-Stories, die seinen Ruhm manifestierten, sowie allerlei Einzelstücke, z.B. ein Bond-Drehbuch.
Doch die Kinderbücher sind alles, was uns heute interessiert, was vor allem daran liegt, dass sie uns chronologisch am nächsten sind. Außerdem wurden und werden sie emsig und mit großem Erfolg verfilmt.

Ihre Bosheit ist (im veralteten Sinne) britisch-schwarzhumorig, die Konsequenz ihrer Garstigkeit beeindruckt, und nur ein bereits berühmter Erfolgsautor wie Roald Dahl durfte sich in der Kinderliteratur solche Frechheiten herausnehmen. Damals. „Adukts can be scary“, lautete eine Devise, die sich aus seinem gesamten Schaffen herauslesen lässt.
Heute verblasst diese Qualität, denn die Adaptionen von Dahls Büchern werden nun einmal von uns Heutigen gemacht, und wir neigen dazu, unsere lieben Kleinen zu verpimpeln. Auch die Bücher selbst sind in kommenden Auflagen nicht vor Entschärfung sicher. Eine Gesellschaft, die das bereits mit Astrid Lindgren tut und an klassischen Disney-Trickfilmen herumretuschiert, die wird auch Roald Dahl so nicht stehen lassen.

Irgendwann wird der Mann, der mit seinen abgründigen Geschichten um mutierte Babies, verrückte Laut- und Duftforscher, sadistische Ehefrauen, die das Hirn ihres verstorbenen Mannes am Leben erhalten oder verschrobene Portraitmaler meine Halbstarkenfantasie aufmischte, nur noch wegen der juvenilen Spielereien in Erinnerung sein, die er mit dem Englischen (seine Muttersprache war Norwegisch) veranstaltete, Wortschöpfungen wie „Flushbunkingly“, „Swizzfiggingly“ oder „Gloriumptious“.

Das ist ja immerhin etwas (solange man es nicht besser weiß).

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