Briefszenen am Mikrofon (3)

Variante 1
b) Der Absender liest uns den Brief vor – im ON

Fortsetzung vom 15.12.2021

Bei dieser Art, den Text zu interpretieren spielen wir den Briefschreiber „auf der Szene“ als jemanden, der während des Schreibens bereits an den Adressaten und an das Ziel denkt, das er verfolgt: eine Information zu geben oder zu erlangen, eine Liebesbotschaft zu adressieren, eine Forderung zu stellen, eine Anweisung zu erteilen, eine Drohung auszusprechen, eine Falle zu stellen …
Der Inhalt ist nicht länger alles, was uns interessiert. Die Atmosphäre des Raumes, in dem der Schreibvorgang stattfindet, ist beinahe wichtiger als die im Brief beschriebene Situation. Das hat dramaturgische Gründe: meistens kennt das Publikum bereits einige der inhaltlichen Einzelheiten und findet es viel interessanter, dass die Nachricht überhaupt auf den Weg gebracht wird und wie das geschieht.

Variante 2
Der Empfänger liest den Brief laut vor – im ON

Hier wird der Brief nun laut vorgelesen – vor allem, damit das Publikum ihn hört.
Den Sprecher muss also folgendes Beschäftigen: ist der Briefschreiber allein und spricht den Brief für sich selbst mit (brabbelt ihn vor sich hin)? Oder ist noch jemand im Raum, der mithören darf oder soll? Wenn ja, wie weit ist diese Person entfernt (sitzt sie mit an Tisch, steht sie am Fenster und sieht hinaus…)? Wie steht die mithörende Person zum Verfasser des Briefs? … etc.
Der Vorlesende kommentiert den Brief durch seine stimmliche Färbung. Wir hören also, was er über den Inhalt denkt. Anrede und Abschied sind hier nur Formalitäten, die hingeschludert oder sogar ausgelassen werden.

Ein wichtiges Beweisstück in einem Mordfall wird gefunden und präsentiert.

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