Die wiedergefundene Textstelle: „Baldinis Monolog“

DAS PARFUM
Constantin  Film 2006
Produziert von Bernd Eichinger
Drehbuch: Andrew Birkin nach Patrick Süskind
Regie: Tom Tykwer

Zeit: um 1758
Ort: Paris, Grasse und andere Orte in Frankreich

Der autistische Jean-Baptiste Grenouille hat einen ausgeprägten Geruchssinn und wird völlig von dieser Besonderheit beherrscht, was ihn selbst unter den anderen Waisenkindern, mit denen er aufwächst, zu einem Außenseiter macht. Als junger Mann will er alles über die künstliche Herstellung von Düften lernen. Sein Ziel ist es, jeden Duft konservieren zu können – sogar den jungfräulicher Mädchen. Mit seiner Fähigkeit, die Produkte der Konkurrenz auf Anhieb zu analysieren, gewinnt Grenouille das Vertrauen des einstmals berühmten Parfümeurs Giuseppe Baldini. Von ihm lässt er sich ausbilden, um seine Begabung in ein Handwerk zu übersetzen.
Doch zunächst ist Baldini dem zerzausten Sonderling gegenüber misstrauisch, der da an seine Türe klopft, doch dann macht er ihn zu seinem Lehrling.

Du glaubst, ich lass dich hier in meiner Werkstatt rumpanschen mit Ölen und Essenzen, die ein Vermögen wert sind?
Um die Zutaten eines Duftes zu erkennen, bedarf es nur einer leidlich guten Nase, das ist keine große Kunst! Doch nur ein wirklich erfahrener Parfümeur entschlüsselt die genaue Formel! Welche Noten! Welche Akkorde! Und in welchem präzisen Mischverhältnis!
Du kannst es nicht, du beste Nase von Paris! Natürlich nicht, und ich sag dir, wieso! Weil Talent allein so gut wie nichts bedeutet! Nur Erfahrung, erworben durch Bescheidenheit und Fleiß, das zählt!

Jetzt pass gut auf, was ich dir erzähle! Wie ein musikalischer Akkord besteht ein Parfum-Akkord aus vier Essenzen oder Noten, sorgfältig ausgewählt nach ihrem harmonischen Zusammenklang. Jedes Parfum enthält drei Akkorde: Kopf, Herz und Basis. Da jeder Akkord vier Noten hat, besteht es folglich aus insgesamt zwölf Noten.
Der Kopf-Akkord ist nur der erste Eindruck, er verfliegt nach wenigen Minuten. Worauf dann der Herz-Akkord hervortritt, das Thema des Parfums, das mehrere Stunden trägt. Schließlich: der Basis-Akkord! Der Nachklang des Parfums, der einige Tage hält.

Weißt du, die Alten Ägypter glaubten, dass man ein wirklich einzigartiges Parfum nur erschaffen kann, indem man noch eine weitere Note beifügt. Eine zusätzliche Essenz, die hervorklingt und über allen anderen schwebt.
Der Legende nach fand man einst im Grab eines Pharaos eine Amphore. Und dann, als man sie öffnete, wurde ein Parfum frei, das noch nach all diesen Tausenden von Jahren von so subtiler Schönheit war und doch zugleich so kraftvoll, dass für einen einzigen Moment jeder Mensch auf der Welt dachte, er wäre auf dem Weg ins Paradies. Zwölf Essenzen konnte man identifizieren. Aber die dreizehnte – die Entscheidende! – konnte niemals entschlüsselt werden.
Wieso nicht!
Was meinst du wohl, wieso nicht? Weil es eine Legende ist, du Hohlkopf!

Jetzt zeige ich dir, wie man einen Duft konserviert!
Stell dir das vor, Jean-Baptise! Zehntausend Rosen für ein winziges Fläschchen Rosenölessenz!

Auf die richtige Temperatur kommt es an! Wenn das Quecksilber hier steht, dann haben wir exakt die richtige Hitze, und die Öldämpfe steigen empor!
Und dies hier, dieser geniale Mechanismus, ist meine eigene Erfindung! Es funktioniert folgendermaßen: kaltes Wasser wird hier durchgepumpt und fließt dort hinein. Von oben kommt die Essenz. Sie kondensiert in der Kälte, um sich schließlich am Ende in diesem kleinen Glas zu sammeln!
Die Reine Seele der Rose!
Was für ein Fortschritt! Damals, in den Hügeln von Grasse, konnten wir zum Kühlen ja nur frische Luft zufächeln.
Ah … Grasse! Welch eine Stadt! Das Rom der Düfte! Das Gelobte Land des Parfums! Niemand kann ernsthaft von sich sagen, er wäre ein Parfumeur, wenn er sich nicht an diesem ehrwürdigen Ort seine Sporen verdient hat!

Dieser Beitrag wurde unter Film, Literatur, Manuskript abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert