Stan Getz behind the scenes

betr.: 95. Geburtstag von Stan Getz

Ehrenwort: der Soundtrack zu „Mickey One“ von Eddie Sauter mit Stan Getz ist die schönste Jazzplatte, die ich in Jahren in einem Antiquariat gefunden habe!

Das Wort „Bossa Nova“ bedeutet so viel wie „der heiße Scheiß“. Ab 1962 war sie das tatsächlich. Sie war nicht nur ein musikalisches Phänomen, das in der kurzen Zeit zwischen Rock’n’Roll und Hippie-Kultur die Popmusik dominierte, es gab auch eine Unmenge Möbel, Klamotten und Merchandising. Ein paar Musiker hatten die südamerikanische Musik (Samba) mit der nordamerikanischen (dem Jazz) zusammengebracht, und herausgekommen war ein tanzbarer Easy-Sound, der Melancholie und Flippigkeit in einer Weise zusammenführte, die theoretisch gar nicht funktionieren kann. Tat sie aber, und wie!
João Gilberto, der neben Antônio Carlos Jobim als Erfinder der Bossa Nova gilt, starb vor wenigen Jahren krank, einsam und verschuldet. Sehr viel mehr hat der ebenfalls beteiligte Tenorsaxophonist Stan Getz davon profitiert. Er war eigentlich erst ins Studio gebeten worden, als das Album „Jazz Samba“ bereits konzipiert war – und über die Vorgeschichte gibt es wiederum mehrere Versionen, wer denn nun den größten Anteil daran hatte. Getz bekam nicht nur einen Grammy für sein Spiel, er wurde prominenter als je zuvor. Und er legte fleißig Alben nach, die den neuen Sound noch virtuoser zu Gehör brachten.
Für „Getz/Gilberto“ mit Kompositionen von Jobim engagierte er 1963 neben João Gilberto auch dessen Frau Astrud. Das von ihr mitgestaltete „Girl From Ipanema“ wurde zum berühmtesten Titel des Albums. Getz nahm später für sich in Anspruch, die unerfahrene Sängerin zu einer englischen Ergänzung für João Gilbertos portugiesische Gesangsspur überredet und sich für sie eingesetzt zu haben. Das ist die offizielle Version, der ausgerechnet Astrud Gilberto energisch widersprochen hat. Nach ihrer Darstellung war es ihr Mann, der ihre Mitwirkung eingefädelt hatte.
Im Jahr nach der Plattenaufnahme ging Gilberto, inzwischen von João getrennt, mit Stan Getz und seinem Quartett auf Tour. Ihr „Entdecker“ zog sie dabei finanziell über den Tisch und begann eine Affäre mit ihr, die sie mit dem Gefühl zurückließ, ausgenutzt worden zu sein.

Ist Stan Getz für sein böses Benehmen denn wenigstens bestraft worden? Klar! Er musste immer wieder „Desafinado“ spielen, den ersten Single-Hit vom Album „Jazz Samba“ – und diese Schlichtheit des Publikums hat ja bekanntlich schon einige harte Männer fertiggemacht. Einer soll sogar aus dem Fenster seiner Toilette in den Tod gesprungen sein.

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