Niemand glaubt ihm Traurigkeit

betr.: „Strahlemann“ von Fritz Schaefer

Vor vielen Jahren erreichte mich per Mail eine Anfrage: Bieten Sie Ihre Sprecherworkshops auch für Jugendliche an? Ich antwortete: Gern – ich weiß nur nicht, wo ich die Jugendlichen herbekommen soll.
Der 13jährige Fritz, ein Hobby-Hörspielmacher aus dem Ruhrgebiet, buchte also ein Workshopwochenende in Hamburg und organisierte eine Gruppenreise mit zehn FreundInnen. Wir produzierten (ohne die beiden Begleit-Mütter) eine frühe Version des Hörspiels „Der Strudel der flüsternden Sachen“ in Konrad Halvers Graceland-Studio im Tiefparterre des Logenhauses.

Obere Reihe v.r.n.l.: Fritz, Tonmeister Marco Bachmann und ich im Januar 2011 (Foto: Normann Seils)

Fritz hatte eine herrlich angeschepperte Cartoonstimme – der von Hans Clarin nicht unähnlich, nur ohne deren stets heraushörbare Mühe der Verstellung. Vom künstlerischen Standpunkt fand ich sie großartig, aber für ihren Träger war es sicher von Vorteil, dass sich dieser Effekt inzwischen gelegt hat.
In den folgenden Jahren erwies sich Fritz – insofern erinnerte er mich an mich – als jemand, der den holden Unfug der Kindheit jederzeit ernstnahm und ihn auch zum Inhalt seines Erwachsenwerdens machte. Ein Nerd war er indessen nie, die drolligen Interessen kamen seiner Lebenstüchtigkeit niemals in die Quere, und als Netzwerker wäre er mir unter umgekehrten Vorzeichen ein Vorbild gewesen. Er professionalisierte seine akustische Bastelarbeit, fand Sponsoren dafür, interessierte die Lokalpolitik und entzückte die Fachwelt. Bald saß er in der Grimme-Preis-Jury.
Nun hat er ein Buch vorgelegt, das zwar von ihm und seinen frühesten Jahren handelt, die medialen Aspekte aber weitgehend ausspart und stattdessen sein skurriles menschliches Umfeld in den Blick nimmt.

Fritz und ich machen gute Miene zu einer entsetzlichen Kabarettvorführung

Hier fällt mir wieder eine eigene Erfahrung ein: als ich etwa im selben Alter war, durfte auch ich mich drucken lassen, als Beitragender einer kleinen Comedy-Buchreihe des gleichen Verlages. Bei mir ging es nur am Rande um die Familie, auch ich nannte keine Klarnamen und fügte meine Erinnerungen in ein Konzept ein. Aber auch bei mir rappelte der Stammbaum („So, da haben wir es ja! Wir haben es immer gewusst …“).

Eine Leseprobe gibt es hier: https://blog.montyarnold.com/2022/02/08/19943/

Dieser Beitrag wurde unter Gesellschaft, Hörspiel, Literatur, Mikrofonarbeit, Monty Arnold - Biographisches abgelegt und mit , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert