Der Komiker als Filmheld (15): „Stand Up“

In dieser Reihe werden Filme vorgestellt, deren Helden Komiker sind. Nach einer kurzen Inhaltsangabe werden die Filme hauptsächlich danach beurteilt, wie kundig und glaubhaft sie diesen Beruf abbilden. (Meistens entspricht dieser Aspekt aber auch der Gesamtnote.) Biopics werden an anderer Stelle behandelt.

Die Stand-Upperin Feri lebt mit ihrer Schwester Ava in einer WG zusammen und tauscht sich intensiv mit ihr über ihre Auftritte aus. Feri legt es eher auf Provokation als auf Lacher an und vergrätzt damit sowohl ihre eigene muslimische Community als auch diejenigen, die Deutschland am liebsten ausschließlich von Deutschen bevölkert wüssten. Nach einer Show werden die Mädchen auf dem Heimweg von einem rassistischen Schlägertrupp angegriffen, und Ava wird verletzt. Daraufhin will Feri hinschmeißen, denn „das ist es nicht wert“. Ava ist damit nicht einverstanden und greift zu einem drastischen Mittel … 

Heute, da ich diese Zeilen schreibe, hat sich der Begriff „Ethno-Comedy“ eingebürgert. Möglicherweise ist er jetzt, da sie gelesen werden, bereits wieder geächtet (vermutlich von den gleichen Leuten, die ihn formuliert haben). Der Ausdruck bezeichnet jedenfalls sehr gut, worum es hier geht.
Während sich in unserer Comedy-Szene inzwischen zahllose Namen tummeln, an denen man ablesen kann, gegen welche gesellschaftliche Gruppe jeweils von innen heraus polemisiert wird, steht die Kritik vor einem grundsätzlichen Problem: darf man beispielsweise einem jüdischen Komiker einen betont fiesen Holocaust-Witz ankreiden oder einer türkischen Komikerin eine dönerdeutsche Bosheit? Sicher nicht. Was taugen die Gags eigentlich? – Wer sollte das beurteilen?
Ethno-Comedy ist – noch mehr als Comedy in Allgemeinen – in ihrer Blase von Widerspruch von außen abgeschnitten,  da sie nicht zwischen fachlicher Kritik und politischem Angriff unterscheidet. Entsprechend  reagiert ihr Publikum emotional, auf Stichwort und von der Qualität der Pointe unabhängig. Es sei denn, es kommt zu einem Eklat wie im Film gezeigt.
So bequem es man es sich als Akteur in dieser Nische machen kann (künstlerisch, nicht unbedingt gesellschaftlich), so herausfordernd ist es, einem eigenen hohen handwerklichen Anspruch zu genügen.

Die Heldin von „Stand Up“ (ein Kurzfilm der Hamburg Media School) ist in diesem Zusammenhang noch auf der Suche – ganz im Sinne des doppeldeutigen Filmtitels. Um schnelle Lacher geht es ihr offensichtlich nicht, aber ein Wechsel ins Kabarett kommt nicht in die Tüte, denn heute ist nunmal Comedy angesagt.
Alexa Benkert bewährt sich in ihrer Rolle, doch leider gelingt die überzeugende Inszenierung des Publikums (das naturgemäß aus Komparsen besteht) und seiner Reaktionen nicht. Wie so oft bei sozialkritischen Filmen, muss es uns genügen, dass wir die Botschaft auch so verstehen.

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