Mancher Anwalt des Genderns tut der Sache keinen Gefallen.
Ein Männer- bzw. Männlichkeitsratgeber widmet der Problematik ein ganzes Kapitel. Darin heißt es: „Ich meine: Echte Männer schaffen das. Wir haben schon eine Rechtschreibreform überlebt, wir haben das »Fräulein« aus dem Sprachgebrauch gestrichen, wir gewöhnen uns in Minuten an neue Begriffe wie »Uploadfilter« und »abkippende Sechs«, wir können uns vierstellige Passwörter merken, wir finden die Sternchen in »F*** you« ganz sinnvoll und haben die Wonnen des generischen Maskulinums ein paar Jahrzehnte angenehm ausgekostet.“
Keinen dieser Vergleiche finde ich hilfreich.
Die Rechtschreibreform ist ein kolossaler Blödsinn, gegen den ich mich auch nach Jahren mit Händen und Füßen wehre. Er wird auch dadurch nicht besser, dass sich die meisten Printmedien (nicht alle!) dreingefügt haben. Die Streichung des Wortes „Fräulein“ geschah im Bonner Regierungsbetrieb bereits, als ich vier Jahre alt war (der Autor war noch gar nicht auf der Welt) und hat mich persönlich entsprechend nicht herausgefordert. In einem passenden semantischen bzw. literarischen Textumfeld finde ich den Begriff „Fräulein“ noch immer hilfreich, zum Beispiel um die paternalische Haltung aufzuzeigen, für die er steht.
Dass wir uns an neue Begriffe wie „Uploadfilter“ und „abkippende Sechs“ gewöhnen, wird uns durch die Erkenntnis erleichtert, dass wir das meiste davon ebensoschnell wieder vergessen dürfen!
Vierstellige Passwörter kann ich mir gerade noch merken, aber die meisten haben leider „mindestens acht“ Stellen mit Zahlen, Buchstaben und Sonderzeichen. Und es werden täglich mehr.
Die Sternchen in »F*** you« finde ich persönlich bescheuert, auch in seiner akustischen Variante.
Und das generische Maskulinum abzuschaffen, weil wir es „ein paar Jahrzehnte angenehm ausgekostet haben“ überlasse ich denen, die aus dem gleichen Grund auch auf „Wonnen“ wie fließend Wasser und den ÖPNV verzichten würden.
Als prominentes Vorbild in Genderfragen wird Claus Kleber angeführt, der seinerzeitige Anchorman des „heute journal“. Kleber habe es doch tatsächlich noch kurz vor der Pensionierung (!) geschafft, die alte Gewohnheit abzulegen und mit dem hörbaren Sternchen anzufangen.
Auch Witze wie diese erreichen mich nicht: „Wenn Sie die Wörter »Kolleg*innen« oder »Politiker*innen« mit kleiner Sprechpause zu Hause vor dem Spiegel üben, dann schauen Sie ruhig mal an sich herunter. Kaum zu glauben, aber: Ihr Penis wird noch da sein!“ oder „Mit anderen Worten: Das Gendern wird sich auf lange Sicht ohnehin in irgendeiner Form durchsetzen, wenn ich gleich damit anfange, wirke ich vielleicht automatisch viel jünger. Und das ganz ohne Faltencreme und Hipster-Hosen!“
Der Autor teilt meine Zurückhaltung ganz offensichtlich, denn in den übrigen Kapiteln (mit Ausnahme des einen, in dem das Gendern noch einmal gestreift wird) gendert er selber nicht.
Schade. Das hätte ich sehen wollen.
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