Ausgesessen

betr.: 78. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz

Die heutige Zeremonie zum 78. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz ist die erste, bei der auch jene Menschen in den Blick genommen werden, die wegen ihrer sexuellen Identität zum Opfer des Nationalsozialismus geworden sind. Seit einigen Jahren lässt sich diese Gruppe unter dem Begriff „queer“ recht gut zusammenfassen.
Als ich mich Mitte der 80er Jahre erstmals traute, eine Schwulengruppe zu besuchen, versprach man mir, unser Staat würde erst den Tod derjenigen abwarten, die man entschädigen müsste, ehe sich an ihrer Missachtung etwas ändern würde. Diese Weissagung hat sich erfüllt. Bis 1968 hatte sich das NS-Gesetz, das Homosexualität unter Strafe stellte, im Grundgesetz erhalten, ehe es entschärft wurde. An die völlige Abschaffung des Paragraphen 175 hat damals in unserem Gesprächskreis noch niemand ernstlich geglaubt. Sie erfolgte 1994.

Wie machtvoll der fortbestehende „175er“ nach 1945 in das Leben der Homosexuellen eingriff, lässt sich sehr gut an der Biographie des schwulen Entertainers Joe Luga ablesen. Im Dritten Reich gelang es ihm, der als Truppenbetreuer auch en travestie auftrat und so manchen Offizier als Groupie hernach um den Finger wickelte, seine Neigungen juristisch unbelangt auszuleben. In der Adenauerzeit landete er wegen seiner Homosexualität zweimal im Zuchthaus. 
Joe Luga hat diese Erlebnisse zwar niedergeschrieben, sie aber in seiner Autobiographie letztlich doch nicht lesen wollen. Sie wurden im ST. GEORGE HERALD als Serie nachgereicht.* Der heutige Tag ist ein guter Anlass, sie wiederzulesen.
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* Beginnend mit https://blog.montyarnold.com/2021/01/12/17308/

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