Ein Remake bitte!

betr.: heutige Ausgabe der „Langen Nacht“ im Deutschlandfunk: „Kein Himmel war uns zu hoch“ über Zelda und F. Scott Fitzgerald

Die „Lange Nacht“ vom Freitag auf den Samstag im Deutschlandfunk Kultur und vom Samstag auf Sonntag im Deutschlandfunk ist eine wundervolle, geradezu verwunschene Einrichtung. Sie gehört uns allen (schließlich haben wir sie mit unseren Gebührengeldern bezahlt), aber wie das mit altmedialen Segnungen so ist: die wenigsten von uns holen sich die ihnen zustehende Ware ab. Ein Zeitproblem kann das nicht sein – unzweifelhaft verbringen sie die knapp drei Stunden pro Woche (wenn auch in kleineren Einheiten) mit einem Medienkonsum, der ihnen überhaupt nichts einbringt – weder Freude, noch Zerstreuung, noch Erkenntnis.
Und klar: man kann dieses Format fast immer in der Mediathek nachhören, teilweise sogar downloaden. Aber schon das kommt den meisten heute irgendwie miefig vor.
Mir tun diese Leute von Herzen leid. Sie wissen nicht, was ihnen entgeht. Und sie werden es nie erfahren.
Die „Lange Nacht“ ist so raffiniert gemacht, dass sie mich regelmäßig an Themen bindet, die mich gar nicht interessieren. Nachdem ich das einmal kapiert hatte, habe ich sie deshalb grundsätzlich immer aufgezeichnet. Einmal dachte ich, die Folge über den deutschen Trucker-Country könne ich nun wirklich auslassen. Als ich samstagsnachts von einer kleinen Sause nach hause kam, hörte ich die letzte Stunde im Radio und ärgerte mich schwarz! Es war ein popkulturelles Hochamt, das ich da verpasst hatte.

Heute hat die „Lange Nacht“ ein besonders interessantes Sujet: Zelda und F. Scott Fitzgerald und ihre Zeit, die nunmehr ein Jahrhundert zurückliegenden Wilden Zwanziger. Ich kenne die Ausgabe, denn schon seit geraumer Zeit werden auf diesem Platz nur noch Wiederholungen gesendet. (Leider niemals die über den deutschen Trucker-Country!)
„Kein Himmel war uns zu hoch“ ist ein zweischneidiges Vergnügen, wenn man es positiv ausdrücken möchte. Etwas aufrichtiger gesagt: es ist eine Tantalusqual.
Das Skript ist dem Thema angemessen (mehr Lob geht nicht!) und macht der glanzvollen Funkreihe alle Ehre. Leider ist die Umsetzung von Menschen durchgeführt worden, die weder zu F. Scott Fitzgerald noch zu irgendeiner Art von Weltliteratur noch zur Vergangenheit an sich eine Beziehung erkennen lassen. Die jungen Sprecher, die das skandalöse Glamour-Paar am Mikrofon mittels Zitaten und Buchpassagen zu verkörpern haben, schludern und rotzen sich so hip und gegenwärtig durch das Material hindurch (inklusive solcher Marotten wie zeitgemäß-unsauberer Aussprache und erkennbaren Vorbehalten gegen „altmodische Formulierungen“), dass man sich fühlt, als würde man vom Großen Gatsby in einer Endlos-Schleife von einer seiner Parties verjagt. Die Zelda-Interpretin klingt wie ein Punk-Mädchen. Das wird auch durch die wohlfeile Ausrede nicht besser, die ich mir gleich selber dazu ausdenken kann: War Zelda F. nicht ein Punk ihrer Zeit? Ganz bestimmt, aber das war dann doch etwas anderes. Die Erzählerin, die uns durch den Abend führt, tut dies mit einer so wertenden Muffigkeit, dass man sie trösten möchte angesichts der Zumutung, die ihr diese Aufgabe bereitet. Jedenfalls scheint ihr beruflicher Schwerpunkt nicht vor dem Mikrofon zu liegen.
So klammert man sich an den spannenden Text, während man mit verschluckten Endungen, Fehlbetonungen und feuchter Aussprache traktiert wird.

Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, dies war vor knapp anderthalb Jahren die bislang letzte Ursendung, die ich in der „Langen Nacht“ gehört habe. Seither wird dieser Sendeplatz nur noch mit Wiederholungen bespielt, wogegen ist natürlich nichts einzuwenden ist.
Aber wenn ich an das einstweilige Ende sehe, frage ich mich schon, ob sein verstörender Sound mir irgendetwas sagen sollte. 

Dieser Beitrag wurde unter Gesellschaft, Hörfunk, Literatur, Rezension abgelegt und mit , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert