„Take me home! Feed me!“

betr.: 44. Jahrestag des ersten „Garfield“-Strips

Der Kater hat in der westlichen Kulturgeschichte der Zeichenkunst (Katzen sind als Hauptfiguren rar) drei große Phasen durchlaufen: den Feind einer niedlicheren Tierart, der folglich ein Verlierer zu sein hat (Tom in „Tom & Jerry“, Sylvester in „Tweety & Sylvester“ …), den frechen Großstadtkater, der sich die Butter nicht vom Brot nehmen lässt (Trickfilmheld „Top Cat“, Underground-Comicheld „Fritz The Cat“ …) und schließlich den nur scheinbar domestizierten Hedonisten auf vier Pfoten. Als reinster, archetypischer Vertreter der letzteren Gattung sollte sich „Garfield“ erweisen.
Während es der Cartoon-Kater „Heathcliff“ (ab 1973 und optisch Garfield nicht unähnlich) hierzulande nie geschafft hat, wurde Garfield für einige Zeit zu einem Star erst des Comic-Strips, dann der Sammelbände und schließlich des Merchandisings, bald darauf auch der TV-Serie und des Kinofilms.  Sein Erfinder war der aus Marion, Indiana Zeichner Jim Davis (* 1945), den man zu Beginn seines Weltruhms noch mit einem Serien-Schauspieler gleichen Namens verwechseln konnte.

1986 freute sich ein Branchenblatt über einen Erfolg, den – je nach Rechenmodell – nicht mal die „Peanuts“ zustandegebracht hätten. Der so heiß geliebte getigerte Brocken ist „frech, fett, faul und filosophisch“, liebt Lasagne und benimmt sich so herrchen- und frauchenverachtend wie die „Besitzer“ echter Katzen es regelmäßig an ihren Lieblingen loben und preisen. So präzise hatten sie es aber noch in keinem Comic nachlesen können! Garfield klopft Sprüche wie „Ich bin nicht übergewichtig, ich bin untergrößig!“ oder „Kaum hast du einen Montag gekillt, kommt schon der nächste!“, die ihn sogleich als waschechtes Kind der Achtziger ausweisen. Er war nicht nur als Strip in vielen Zeitungen und Zeitschriften vertreten, er wurde auch zum Thema ihrer Feuilletons. „Time“ etwa bestaunte die von ihm angerichtete „Küchenapokalypse zerfetzten Geflügels und geritzter Menschen“.
Die von Garfield schwer geprüften Nebenfiguren sind sein junges Herrchen Jon Arbuckle und der Hund Odie („Natürlich ist der Hund der beste Freund des Menschen! Unterdrückte Rassen müssen zusammenhalten!“), ferner das Kätzchen Nermal, das aber nur zu Besuch kommt.

Jim Davis zeigte in Interviews einige Wesenszüge, die nahelegen, er könnte seinen Helden nach eigenem Ebenbilde erschaffen haben. So hat er einen Großteil der zeichnerischen Arbeit seine Assistentin Valette Hildebrand erledigen lassen. Den Vornamen des Protagonisten steuerte Davis‘ Großvater bei, ein „korpulenter Bullenbeißer“ namens John Garfield Davis.
Kater Garfields Ruhm verblasste früh genug, um ihm eine Demütigung besonderer Art zu ersparen. Neben den dummen Gesichtern in Abertausenden viraler Katzenvideos hätte er doch recht feinsinnig und wohlgeraten gewirkt.

Abbildungen: Wolfgang Krüger Verlag Frankfurt

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