In der Jahresbilanz der „Wochentaz“ findet sich dieser Absatz:
Mittelerde ist nicht Europa. Die fiktive Welt des Schriftstellers J. R. R. Tolkien hat gleichwohl Ähnlichkeiten mit diesem Kontinent. Und wenn es nach der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni geht, hat das Zuhause von Figuren wie Frodo und Konsorten mit unserer Gegenwart sogar noch einiges mehr gemein. Die „Postfaschistin“ lässt keine Gelegenheit ungenutzt, um auf Tolkien zu sprechen zu kommen, dessen Roman „Der Herr der Ringe“ für sie ein „heiliger Text“ ist. Im November etwa gab sie sich bei der Eröffnung einer großen Tolkien-Ausstellung in Rom als Fan zu erkennen. Mit ihrer Begeisterung für den Roman „Der Herr der Ringe“ steht sie in Italien dabei in einer längeren Tradition. Dort versucht man seit Jahrzehnten, Tolkien von rechts zu vereinnahmen. Mittelerde als utopischer Ort für Faschisten, pardon, Postfaschisten? Meloni zumindest identifiziert sich im Kampf gegen das Böse regelmäßig mit den Hobbits. Man könnte meinen, dass ihre geistige Heimat Mittelerde ist, wobei unklar scheint, ob sie diese nicht großzügig mit der Realität verwechselt. In jedem Fall eine Beleidigung für den akribischen Philologen Tolkien. Der dachte sich seine mythologische Welt überhaupt erst aus, weil er begonnen hatte, alte Sprachen zu erfinden. Egal. Dass man sich die Wirklichkeit nach Wunsch bastelt, hat ja Konjunktur. Fantasiereiche braucht man dafür gar nicht.
Man kann sich seine Bewunderer bekanntlich nicht aussuchen – schon gar nicht, wenn man tot ist. Die Erfindung alter Sprachen lässt allerdings noch keine Gesinnung erkennen – weder rechts noch links. Und dass Tolkiens Werk es der rechten Seite zumindest recht einfach macht, vereinnahmt zu werden, ist dem ST. GEORGE HERALD schon einmal aufgefallen …*
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* Siehe https://blog.montyarnold.com/2014/09/25/in-den-fesseln-von-shangri-la/