Noch’n Familienfilm

betr.: 28. Todestag von Dean Martin / 23.Todestag von Jason Robards (morgen)

Die Verfilmung von Lilian Hellmans Bühnenstück „Toys In The Attic“ stand 1963 am Ende einer langen Reihe modriger Südstaatendramen, die spätestens mit dem Theater- und Filmerfolg von Tennessee Williams „Endstation Sehnsucht“ begonnen hatte; der Erfolg des Films war entsprechend bescheiden. Der Titel ist eine Redensart, die unserer „Meise unterm Pony“ verwandt ist, und evoziert zugleich den verwinkelten Familiensitz als Schauplatz des Kammerspiels.
„Puppen unterm Dach“ bot Dean Martin Gelegenheit zu einer weiteren dramatischen Schauspielerleistung. Martin hatte noch immer mit Vorurteilen zu kämpfen. Der Sänger romantischer Schlager und frühere Teil des immens erfolgreichen Comedy-Duos mit Jerry Lewis war längst zum ernsthaften Schauspieler gereift, doch die Kritik ignorierte seine bisherigen Verdienste geflissentlich.
Für die Rolle des Julian ist er – als reine Verkörperung eines Charmeurs, den das Publikum die längste Zeit für einen lupenreinen Hallodri hält, ehe es erkennen muss, dass es sich in ihm geirrt hat – die Idealbesetzung. (Es fällt mir schwer, mir den lauernd-seriösen Jason Robards auf diesem Platz vorzustellen, der den Part in der Originalproduktion am Broadway innehatte.)
Einer der Reporter, die Dean Martin bei dieser Aufgabe gern scheitern sehen wollten, kam von der „New York Times“, die das Theaterstück drei Jahre zuvor abfällig gelobt hatte. Er besuchte den Star am Set und schrieb danach, dieser sei „sich durchaus darüber im klaren, dass er nach Ansicht einiger Leute mit dem Part des launischen, innerlich zerrissenen Südstaatlers überfordert sei“. Martin war so nett gewesen, ganz offen zu sprechen: „Ich verstehe nicht, warum mich alle fragen, wie ich zu dieser Rolle gekommen bin. Mein Agent hat sie mir beschafft. Herman Citron – er ist seit etwa fünfzehn Jahren mein Agent – hat das Stück gesehen. Es hat ihm gefallen, und er hat mir gesagt, dass es etwas für mich wäre. Ich denke, dass ich mich in diesen Dingen auf sein Urteil verlassen kann. Also sagte ich: Okay. Herman brachte den Deal mit Mirish unter Dach und Fach, und ich bekam die Rolle. Das ist alles, was ich dazu sagen kann. (…) Ich habe das Stück nicht angesehen, und ich habe es auch nicht gelesen.“ Aus soviel Offenheit zog der Reporter einen unerbittlichen Schluss – „Tatsächlich empfindet Mr. Martin eine generelle Abneigung gegenüber Theaterstücken.“ – und war über ein Detail besonders entsetzt: „die Lieblingsmethode, mit der er seine Texte auswendig lernt; er lässt sich auf dem Golfplatz von seinem Caddie Stichworte geben.“
Der Reporter – so berichtet Nick Tosches in seiner Dean-Martin-Autobiographie – sei stehenden Fußes in die Garderobe von Deans hochgeachteter Filmpartnerin Wendy Hiller geeilt, „die einen Novellenband von Henry James beiseitelegte“, um mit der „Times“ zu sprechen. Doch sie wusste nichts Negatives über Dean oder sein darstellerisches Handwerk zu berichten.

Wer sich von einer wahrhaft malerischen Leistung anlocken lassen möchte, für den bietet die Darstellerin des dritten Geschwisterkindes ein Motiv: Geraldine Page. Ihre Carrie ist eine verblühende Dame mit Stich in der Tradition von Williams’ berühmter Blanche aus „Endstation Sehnsucht“. Am Broadway trefflich mit der unberechenbaren Maureen Stapleton besetzt, wird diese Figur bei Geraldine Page zu einer stets am Rande des Wahnsinns entlangschrammenden und irgendwie gefährlich wirkenden Person. Wie immer bei Page, die außerdem eine herausragende Komödiantin war, erweisen sich sämtliche Befürchtungen als berechtigt.

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