Eine Welt ohne Angebot

betr.: 33. Geburtstag des Bezahlsenders premiere“

Als ich mich kürzlich um einen Satellitentechniker bemühte, um die Anlage auf dem Dach überholen zu lassen, wurde mir von einem „Kommunikationstechniker“ erklärt, dass so etwas gar nicht mehr angeboten wird. (Er verriet mir das aber erst nach einer kostenpflichtigen Begehung des Dachs …) Ich hätte genausogut nach einem Webstuhl-Service fragen können.
Um mich aufzumuntern, sprang mir aus einem meiner Schnippelordner eine Rubrik aus einer alten Kulturbeilage ins Auge. Der „Rheinische Merkur“ hielt einst am unteren Ende seiner Seite mit Video-Neuerscheinungen einen TV-Tipp parat, in dem Sinne: das sollten Sie unbedingt aufzeichnen und ihrer Sammlung alter Schinken ebenfalls hinzufügen. Im Januar 1987 waren solche privaten Cassettensammlungen der heiße Scheiß – und das war gar nicht mal so unpraktisch. Jedenfalls fand man immer einen Film, auf den man sich verständigen konnte, wenn ein gemeinsamer Filmabend anstand.

Das heutige körperlose Überangebot an Filmen und Serien ist in solchen Fällen jedenfalls keine Hilfe. Das geht nicht nur mir so (und den Leuten, die dann jeweils mit mir zusammensitzen), wie ich immer wieder feststelle. Die endlose Käsekästchen-Angebotsstruktur der Streamingdienste kann einen ganz kopflos machen, wenn man gemeinsam draufschaut. In den Worten einer Kolumne von dieser Woche: „Manchmal sitze ich mit meiner Frau vor dem Fernseher auf der Suche nach einer Serie, die wir gucken können. Wir suchen und suchen in diesem riesigen Kosmos voller ‚Content‘. Nach einer halben Stunde geben wir schöpft auf und schauen auf Kabel eins noch mal den Rest von ‚Ghostbusters‘.“

Ach ja – im besagten „Merkur“ stand damals in der Spalte für den TV-Tipp leider nur:

(Abgesehen von gelegentlichen linearen 80er-Fundstücken wie „Ghostbusters“ verläuft heute unser ganzes Leben „ohne Angebot“.) Anno 1987 wird sowas nicht so schlimm gewesen sein, denn es war ja immer ein Regal voller VHS-Cassetten in der Nähe.

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