Ein Versuch über die Mediensatire (3)

Fortsetzung vom 29. März 2024

Ende der 90er Jahre kamen innerhalb eines knappen Jahres drei starbesetzte Hollywood-Filme heraus, die sich als Mediensatire einordnen lassen: „EDtv – Immer auf Sendung“ von Ron Howard, „Pleasantville – Zu schön um wahr zu sein“ von Gary Ross (die heute beide zu recht vergessen sind) und „Die Truman Show“ von Peter Weir.

„The Truman Show“ scheitert ehrenhaft und auf hohem Niveau. Sie handelt von einem netten, etwas schlichten Kerl, der nicht ahnt, dass er seit 30 Jahren (sein Leben lang) in einer gewaltigen TV-Kulisse lebt, die er für ein Küstenstädtchen namens Seahaven hält. Schon im Mutterleib wurde er an den TV-Produzenten Christof verkauft, der den Alltag seines Helden seither mit unzähligen Kameras filmt und damit 24/7 prächtige Einschaltquoten erzielt – angereichert mit Interviews, Reportagen, Zusammenschnitten alter Highlights und viel, viel Werbung. Erst als Truman eines Tages aus buchstäblich heiterem Himmel ein Studioscheinwerfer vor die Füße fällt, beginnt er etwas zu ahnen …

Der Film galt und gilt als moderater Geniestreich. Für „Entertainment Weekly“ war er „der beste Film des Jahres“, für „Esquire“ gar „der beste Film des Jahrzehnts“. Die Fachzeitschrift „Spectrum“ assoziierte ihn mit George Orwell und – natürlich – mit „Network“ und behauptete, „The Truman Show“ habe „deeper waters to explore“ als Lumets Klassiker, „political, theological and onthological“. Das versucht der Film durchaus, doch schon die Besetzung der Hauptrolle macht all die Ambitionen, edlen Absichten und guten Vorsätze zunichte. Jim Carrey ist zu keiner Zeit in der Lage, Arglosigkeit oder Unschuld darzustellen. Er zeigt uns letztlich die gleichen fiesen Fratzen, die er schon in seinen grotesken Komödien geschnitten hat, wo er sehr überzeugend den gemeingefährlichen Nervtöter gab. Carreys Mimik und Gestik lässt ihn von der ersten Szene an wie ein Attentäter wirken, der sich darauf freut, das ganze idyllische Kaff in die Luft zu jagen.

Um die verwegene Absurdität des Originaldrehbuchs von Andrew Niccol in einer Balance zu halten, hätte ein netter Junge wie Chris O’Donnell die Rolle spielen müssen; noch besser hätte Tobey Maguire gepasst, dessen Talent zur selben Zeit in „Pleasantville“ vergeudet wurde. Beide hätten nebenbei dem ansonsten großartigen Ensemble den nötigen Raum gegeben.

Ein klein wenig erinnert „The Truman Show“ an eine Episode der insgesamt sehr mediensatirischen Serie „The Twilight Zone“ (1959-64). In „Das Doppelleben“ („A World Of Difference“) findet sich ein Geschäftsmann plötzlich in einer Studiokulisse wieder und erfährt, dass er nur ein fiktiver Charakter ist. Er ist damit ähnlich überfordert wie Nicolas Cage in „Dream Scenario“.

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