Die letzten Kultfilme

Fortsetzung vom 15. Mai 2024

Die einzigen Filme aus der erweiterten Ausgabe, die noch als Kultfilme durchgehen – die also nicht einfach nur anhaltende Erfolge bzw. aufgegangene Vorausberechnungen des Mainstreamgeschmacks gewesen sind -, sind „Dirty Dancing“ und „Pulp Fiction“: ersterer ein Guilty Pleasure für die ganze Familie und ihre schwulen Freunde, zweiterer ein nach 30 Jahren noch immer überraschendes Werk, das seinen Regisseur – als letzten Filmemacher der Zelluloid-Ära – für seine persönliche Vision mit unverwüstlichem Ruhm belohnt hat.
Das war’s!

„Fargo“ ist ohne Zweifel ein Geniestreich, aber die Coen-Brüder waren vorher / nachher / zwischendurch ganz weit oben (wenn auch stets und beständig mit dem unerklärlichen Sex-Appeal des Geheimtipps behaftet). „Pretty Woman“ war ein Riesenhit mit zwei zuvor bereits eingeführten Hauptdarstellern (einem reifen und einer aufstrebenden), der seinen Erfolg der größtmöglichen Betulichkeit verdankt – keine Spur von „experimentell“, „wagemutig“, „innovativ“, „überraschend“ oder sonstewas Kultiges. „Harry und Sally“ wird zwar häufig eingelegt bzw. angeklickt, doch dann spulen alle bis zu dieser einen Szene in der Cafeteria vor, um ihn danach abzuschalten oder ihn im Hintergrund laufen zu lassen – und die betreffende Szene ist überdies dadurch restlos diskreditiert, dass Til Schweiger sie als „die größte schauspielerische Leistung der Filmgeschichte“ bezeichnet hat. „Vom Winde verweht“ ist – wie auch „Singin’ In The Rain“, „Frankensteins Braut“, „Zeugin der Anklage“ und viele andere – ein Klassiker und ein herrlicher alter Film dazu, aber ganz sicher nichts, was irgendjemand unter 35 tatsächlich gesehen hat oder sich jemals freiwillig vollständig anschauen wird (so leid mir das persönlich tut) – immerhin kennt man ihn noch dem Namen nach. „Der Tag, an dem die Erde stillstand“ hätte einen Kultstatus verdient, aber er gehört zu jenen zahlreichen Kunstwerken, die von einem überflüssigen Remake verdrängt worden sind (zumal es in diesem Falle ein gleichnamiges ist). „Star Trek VI: Das unentdeckte Land“ ist definitiv einer der amüsantesten und gescheitesten Filme der 90er Jahre, die poetische Krönung des gesamten Star-Trek-Komplexes, der schönste farbige Science-Fiction-Film nach „Die Zeitmaschine“ (1959), die feinste Übung in Selbstironie, die Hollywood jemals hervorgebracht hat und der allgemeinverständlichste Film über den Zusammenbruch der Sowjetunion. Aber ein Kultfilm? Das wüsste ich! „Star Trek IV“ (der mit den Walgesängen) hatte tatsächlich einmal einen gewissen Kultstatus …
„Tote tragen keine Karos“ ist offensichtlich ein persönlicher Lieblingsfilm der Autoren, und auch ich werde nie vergessen, wie schlapp meine Freunde und ich uns mal über ihn gelacht haben (- das Plakat war bereits im Originalband abgedruckt, ohne dass der Film darin behandelt worden wäre.) Aber wenn alle meine Lieblingsfilme Kultfilme wären, dann hätten wir alle ohnehin keine Sorgen mehr.   

Dieser Beitrag wurde unter Film, Medienphilosophie abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert