Sein nettester Psychopath

betr.: 120. Geburtstag von Peter Lorre

Kürzlich habe ich den fabelhaften Peter Lorre wiedergesehen: im Kultfilm und Komödienklassiker „Arsen und Spitzenhäubchen“. Dabei erwies sich das Monster-Duo, das im zweiten Akt durchs Fenster einsteigt, als schauspielerisches Epizentrum des Ensembles: der versoffene plastische Chirurg Dr. Einstein und sein letzter Fehlschlag, der zum Frankenstein-Monster umoperierte Sohn des Hauses, in dem die Geschichte spielt, ein flüchtiger Mörder namens Jonathan Brewster. So beeindruckend der Charakterschauspieler Raymond Massey als Mörder auch ist (der seine Figur so vollkommen ernst anlegt, dass es eine Freude ist), Lorre stiehlt einfach allen die Schau.

Die DVD bot zwei Synchronfassungen, und ich nutzte die Gelegenheit, mir endlich die ältere anzusehen, die ich aus Kino und Fernsehen nicht kannte. Nach einer Weile begann ich zu ahnen, warum nur fünf Jahre nach der ersten (1957) gleich eine zweite Übersetzung hergestellt worden war: die deutschen Stimmen leisten sich winzige Albernheiten, die den klinischen Wahnsinn in dieser Familie um die entscheidende Haaresbreite zu weit treiben. Außerdem vermisste ich die herrliche Zweit-Besetzung des erwähnten Duos: der lauernde, gefährliche, in seiner perfekt dosierten Humorlosigkeit schon fast rührende Ton von Friedrich Joloff aus dem Munde von Massey, Horst Gentzen (Stammsprecher von Jerry Lewis) auf Peter Lorre, den er auch in der „Mr. Moto“-Reihe betreute.
Bei der nächsten Sichtung ist erstmal das Original dran, aber danach freue ich mich auf ein Wiederhören mit der 62er-Fassung. Die leistet sich noch einen simplen, aber wirkungsvollen Gag, der in der früheren deutschen Fassung fehlt: der gemeingefährliche Jonathan siezt den Kurpfuscher, der ihn so verunstaltet hat, und spricht ihn brav mit „Doktor“ an, während er von Lorre ständig geduzt wird.

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