Wo unser Humor herkommt

Wie kam der Begriff Humor zu seiner heutigen Bedeutung?

Zunächst ist „Humor“ das lateinische Wort für Feuchtigkeit (amid = trocken, humid = feucht). Die Mediziner der Antike führten es auf die Mischung seiner Körperflüssigkeiten – Blut, Galle, Schleim – zurück, wie der Mensch aussah, welche Krankheiten ihn befielen, welches Temperament er entwickelte (von „temperare“ für „mischen“). Demnach verdankte der Sanguiniker seine Fröhlichkeit und Unbeschwertheit dem Blut, während beim Phlegmatiker der Schleim überwog. Das Element der Psychologie fehlte noch in dieser Überlegung. Im Sprachgebrauch des Mittelalters hatten sich die vier Temperamente ausdefiniert: Sanguiniker – Melancholiker – Phlegmatiker –Choleriker. Auch außerhalb der medizinischen Terminologie verstand man unter einem Sanguiniker einen aktiven, kontaktfreudigen Menschen, der oft und gern lachte.
Der englische Literat Ben Jonson (1572-1637) brachte den Begriff „Humor“ in diesen Zusammenhang zurück. Er versuchte in seinen Komödien zu ergründen, warum in seinem Land so viele Exzentriker lebten. Das waren z.B. Leute, die sonntags in den Tower gingen, um sich an den dort eingesperrten Geisteskranken zu ergötzen, ihren Gebärden und Verhaltensweisen. Die Ausgelachten wurden als „Humoristen“ bezeichnet: das waren jene, welche sich – unfreiwillig – dem Gelächter ihrer Betrachter aussetzten. Als Erklärung für ihr albernes Betragen galt der Überschuss am zuständigen Körpersaft (Humoris). Von dort ging der despektierliche Begriff auf den „Man Of Humour“ über: auf den Bürger, der das Verhalten anderer im Alltag parodierte, um sich über sie lustig zu machen.
Solch ein Humorist ließ sich nun freiwillig auslachen. Doch seine Parodien konnten auch kränkend wirken und aus dem Ruder laufen. Auf die pointierten Wortduelle beim Abendessen konnte am nächsten Morgen im Frühnebel ein Duell folgen, um die Ehre wieder herzustellen.

Diese Geschichte ist unter mehreren Gesichtspunkten interessant. Zunächst ist in ihr der gute Ruf, den der britische Humor bei uns bis heute genießt bereits angelegt. Dann verweist sie auf Hohn und Spott als bestimmenden Motor der Komik. Weiterhin ist auch das alte Misstrauen in ihr angelegt, das Politik und Bürgertum den Narren (den Vertretern der leichten Muse) stets entgegenbrachte. Zuletzt hat sich das besonders eindrucksvoll in der Corona-Pandemie gezeigt, als Kultur und Prostitution ganz offiziell der gleiche Stellenwert für das Funktionieren unseres Gemeinwesens zugewiesen wurde.

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