Wie Alexander Solloch im bereits an dieser Stelle gepriesenen Buch über den „Unübersetzer“ Harry Rowohlt berichtet, zählt der Kinderbuchklassiker „The Wind In The Willows“ von Kenneth Grahame mit rund zehn deutschen Bearbeitungen zu den am häufigsten ins Deutsche übersetzten Büchern. Er räumt auch ein, dass es angesichts dessen nicht ohne weiteres feststellbar sei, ob Harrys Übersetzung wirklich die beste wäre, aber vieles spricht dafür. (Gerd Haffmanns attestierte seinen Arbeiten „eine oder zwei Synapsen mehr als andere Übersetzungen“.)
Bei Grahame beginnt das Buch so:
The Mole had been working very hard all the morning, spring-cleaning his little home. First with brooms, then with dusters; then on ladders and steps and chairs, with a brush and a pail of whitewash; till he had dust in his throat and eyes, and splashes of whitewash all over his black fur, and an aching back and weary arms. Spring was moving in the air above and in the earth below and around him, penetrating even his dark and lowly little house with its spirit of divine discontent and longing. It was small wonder, then, that he suddenly fung down his brush on the foor, said ‘Bother!’ and ‘O blow!’ and also ‘Hang springcleaning!’ and bolted out of the house without even waiting to put on his coat. Something up above was calling him imperiously, and he made for the steep little tunnel which answered in his case to the gravelled carriage-drive owned by animals whose residences are nearer to the sun and air. So he scraped and scratched and scrabbled and scrooged and then he scrooged again and scrabbled and scratched and scraped, working busily with his little paws and muttering to himself, ‘Up we go! Up we go!’ till at last, pop! his snout came out into the sunlight, and he found himself rolling in the warm grass of a great meadow.
Wir wollen drei der deutschen Buchanfänge betrachten, die in den letzten 100 Jahren erschienen sind.
1929 erschien in Stuttgart die „Einzig berechtigte Übersetzung ins Deutsche“ von Else Steup.
Der Maulwurf, Cornelius Grabfuß, hatte großes Frühlingsreinemachen. Er hatte den ganzen Morgen wie wild in seinem kleinen Häuschen geschuftet, erst mit Besen, dann mit Staubtüchern und dann mit einem Eimer voll Tünche und einem Pinsel auf Leitern und Tritten und Stühlen. Schließlich hatte er Hals und Augen voll Staub, seinen schwarzen Pelz voller Tüncheflecken, und dazu taten ihm Rücken und Arme weh. Überallhin drangen die Frühlingslüfte, sie waren oben in der Luft und unten in der Erde um ihn herum. Sie erfüllten sogar sein düsteres armseliges Häuschen mit ihrem Geist göttlicher Unruhe und Sehnsucht.
Harry Rowohlt eröffnete 1973 so:
Den ganzen Vormittag hatte der Maulwurf geschuftet: In seinem kleinen Haus war der Frühjahrsputz ausgebrochen. Zuerst mit Besen und Staubtuch, dann auf Leitern und Trittleitern und Stühlen und drittens mit Pinsel und Tünche. Bis er Staub in Gurgel und Augen hatte und Placken weißer Tünche auf dem schwarzen Pelz und ein Reißen im Rücken und Schmerzen in den Armen. Der Frühling rumorte oben in der Luft herum und unten in der Erde herum und rund um den Maulwurf herum.
Und so wird es weitergehen, denn der Ruhm von Grahames Werk ist ungebrochen.
Zuletzt legte Michael Stehle 2019 die so beginnende Bearbeitung vor:
Der Maulwurf hatte den gesamten Vormittag dem Frühjahrsputz seines kleinen Hauses gewidmet. Zuerst mit dem Besen, dann mit einem Staubtuch und zuletzt, ausgerüstet mit einem Pinsel und einem Eimer weißer Farbe, stand er auf Stühlen und Leitern. Bis er schließlich Mund und Augen voller Staub hatte und sein schwarzer Pelz mit weißen Farbklecksen übersät war. Außerdem taten ihm der Rücken und die Arme weh – und all das, während um ihn herum die Luft und die Erde vom Duft des Frühlings erfüllt waren.