Die Arbeit des international gefeierten Regisseurs Michael Haneke hat zu einem erheblichen Teil in Frankreich stattgefunden. Das forderte ihn auf einem scheinbar nebensächlichen Feld besonders heraus: um im deutschen Sprachraum ausgewertet zu werden, musste er die betreffenden Filme in seine Muttersprache synchronisieren lassen, woran er jeweils mitarbeitete und sich viel Zeit nahm. Das Ergebnis von Hanekes Sorgfalt lässt sich besonders gut in „Die Klavierspielerin“ beobachten einer zweisprachig gedrehten Produktion, die in Wien spielt. (Im Grunde ein Heimspiel: Haneke kam in München zur Welt, wuchs aber in Wien auf.)
Außerdem mussten die Hauptfiguren auch beim Musikzieren gedoubelt werden, also beim Klavierspiel, dessen virtuose Beherrschung ein wichtiger Teil der Handlung und ihrer Metaphorik ist.
Die deutsche Fassung der „Klavierspielerin“ ist ein Musterbeispiel dafür, wie gut deutsche Synchronisation unter Umständen sein kann, die im Routinebetrieb heute (wie schon im Jahre 2001) vollkommen surreal sind.
Der Regisseur macht sich darüber generell keine Illusionen: „Man schafft es nie, die Synchronsprecher zu einem wirklich guten Spielniveau zu bringen. (…) Durch die Synchronisation wird ein Film systematisch zerstört! Man verliert das Wesentliche der Atmosphäre, die zwischen den Personen beim Dreh entstanden ist. Man kann die Arbeit eines Schauspielers, der mit einem Partner vor der Kamera spielt, nicht mit der vor einem Bildschirm und einem Mikrofon vergleichen.“*
Dieses Urteil bewahrheitet sich sehr deutlich im komplett auf Deutsch entstandenen Film „Das weiße Band“ (2009), wo nur wenige Sätze neu aufgenommen werden mussten: die des Bauern, der sich später erhängt. Sein Darsteller hatte einen starken österreichischen Dialekt, der sich am Schauplatz der Handlung nicht motivieren bzw. erklären ließ. In der Mundart der Region wäre das Projekt nicht realisierbar gewesen, deshalb sprechen die Figuren alle hochdeutsch – bis auf den aus Bayern eingewanderten Gutsverwalter.
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* Das Zitat stammt aus „Haneke über Haneke“, einem Buch, das Gespräche mit Michel Cieutat und Philippe Rouyer versammelt. (Alexander Verlag 2013)